Der Bundestag entscheidet im Januar über neue Organspende-Regeln

In Deutschland gilt bisher die sogenannte Entscheidungslösung: Nur wer ausdrücklich zu Lebzeiten zustimmt, wird nach seinem Tod zum potenziellen Organspender. Wegen dieser Regelung, so meinen Kritiker, ist die Bundesrepublik im europäischen Vergleich eines der Schlusslichter bei der Organspende: 2018 wurden hierzulande 933 Menschen nach dem Tod Organe entnommen und kranken Menschen transplantiert; damit kamen auf eine Million Einwohner 11,3 Organspender. Zum Vergleich: Spanien, der Spitzenreiter in Europa, verzeichnete im selben Jahr 48 Organspender auf je eine Million Einwohner. Im nächsten Monat will der Bundestag über neue Organspende-Regeln mit dem Ziel entscheiden, den derzeitigen Notstand zu beheben.

Denn 84 Prozent der Bundesbürger stehen einer Organspende „eher positiv“ gegenüber, wie eine Umfrage der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung im vergangenen Jahr ermittelte. Das Problem: Nur rund jeder dritte Befragte hat seine Entscheidung schriftlich auf einem Organspendeausweis oder in einer Verfügung dokumentiert. Zwar senden die Krankenkassen ihren Mitgliedern alle zwei Jahre Informationsmaterialien und einen Organspendeausweis zu; das allein aber reiche nicht aus, um die Bürger zu einer Entscheidung zu bewegen, monieren mehrere Bundestagsabgeordnete. Sie fordern deshalb eine Gesetzesreform der Organspende in Deutschland.

Eine Gruppe um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock plädiert für die Einrichtung eines Online-Registers, das die Entscheidungen der Deutschen zur Organspende festhält. Außerdem sollen die BürgerInnen Erklärungen zur Organspende beim Besuch von öffentlichen Ämtern abgeben können – etwa bei der Abholung eines neuen Personalausweises. Dem Entwurf zufolge sollen HausärztInnen ihre Patienten alle zwei Jahre über die Möglichkeit einer Organspende informieren.

Eine grundlegendere Reform fordert Gesundheitsminister Jens Spahn. Gemeinsam mit einer Gruppe von Bundestagsabgeordneten, darunter dem prominenten SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, wirbt er in seinem Gesetzesentwurf für die sogenannte doppelte Widerspruchslösung. Demnach dürften jedem Bundesbürger nach dem Tod automatisch Organe entnommen werden, wenn er nicht zu Lebzeiten widersprochen hat. Diese Regelung gilt bereits in 20 von 28 EU-Mitgliedstaaten, etwa in Spanien, Frankreich und Österreich. Kritiker wie der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, sehen darin einen Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht. Die Entscheidung im Bundestag fällt vor­aussichtlich im Januar – der Fraktionszwang wird für diese Abstimmung aufgehoben.

Johannes Tran