die woche in berlin
: die woche in berlin

Eigentlich sollte am Mittwoch der Kaufvertrag zwischen der Firma Tesla und dem Land Brandenburg im Finanzausschuss des Landtages durchgewinkt werden – doch daraus ist nichts geworden. Beschlossene Sache dagegen ist, dass in Berliner Schulmensen das Mittagessen immer mehr bio sein soll. Und die rot-rot-grüne Koalition hat sich zu einem Kompromiss beim neuen Polizeigesetz durchgerungen.

Nun beginnen die Mühen der Ebene

Noch kein Kaufvertrag für Tesla in Grünheide

Erst im November hat der Elektroautohersteller Tesla der neuen Kenia-Koalition in Brandenburg ein spektakuläres Antrittsgeschenk gemacht. In Grünheide, südöstlich von Berlin, soll eine Giga-Factory entstehen, die vierte des glamourösen Unternehmens aus Palo Alto im Silicon Valley. 4.000 Menschen sollen dort arbeiten. Brandenburg als Gewinnerland: Gleich zu Beginn der rot-schwarz-grünen Koalition dürften die Sektkorken geknallt haben.

Das Weihnachtsgeschenk, das dem Antrittsgeschenk folgen sollte, liegt bislang aber noch nicht auf dem Gabentisch. Eigentlich sollte am Mittwoch der Kaufvertrag zwischen Tesla und dem Land Brandenburg über 300 Hektar landeseigenen Wald in Grünheide im Finanzausschuss des Landtags durchgewinkt werden. Das hatte Landrat Rolf Lindemann (SPD) am Montag bei einer ersten Sitzung der ­Steuerungsgruppe in Fürstenwalde angekündigt, die die Ansiedlung begleiten soll.

Doch die Sitzung fand nicht statt, weil Tesla die nötigen Unterlagen noch nicht eingereicht hat. Auch einen Kaufvertrag gibt es noch nicht, den die Abgeordneten absegnen könnten. Stattdessen berichtete die Märkische Oderzeitung, dass das Gelände in Grünheide munitionsverseucht sei.

Platzt jetzt der ambitionierte Zeitplan, nach dem der Bau der Fabrik im kommenden Jahr beginnen und schon ein Jahr darauf der erste Elektro-SUV Tesla Model Y vom Band rollen sollte? Schon beklagt die Linke in Brandenburg einen Mangel an Transparenz bei den Verhandlungen. In der Landesregierung wiederum heißt es, man führe die Verhandlungen „nicht auf dem Marktplatz“.

Tatsächlich sind die Verzögerungen für Brandenburg und den Landkreis Oder-Spree eher eine gute denn eine schlechte Nachricht. Denn sowohl Ministerpräsident Dietmar Woidke als auch Finanzministerin Katrin Lange (beide SPD) macht vieles richtig. Nach außen versprechen sie Tesla-Chef Elon Musk, die Behörden würden alles dafür tun, den Zeitplan zu ermöglichen. Aber das heißt nicht, dass nicht auch Musk seine Hausaufgaben machen muss. Dazu gehört auch eine Ausstiegsklausel, über deren Details derzeit offenbar auf Arbeitsebene verhandelt wird.

Das ist gut so. Brandenburg hat schon genug Großprojekte in den Sand gesetzt, ein weiteres Mal kann sich die Landesregierung das nicht leisten. Aber auch nicht den Vorwurf, nicht alles getan zu haben, was möglich ist.

Bei Tesla in Grünheide, das ist die vorweihnachtliche Botschaft, haben also die Mühen der Ebene begonnen. Und es sieht ganz danach aus, als ob die Verantwortlichen in Potsdam und im Landkreis mit der dabei gebotenen Professionalität vorgehen. Uwe Rada

Qualitätspakt mit Beigeschmack

Jetzt beschlossen: mehr Bioessen in den Schulmensen

Ob das Essen in den Schulen dieser Stadt nun mundet oder nicht, sei mal als Geschmackssache dahingestellt – aber bio sind die verkochten Nudeln, zumindest zum Teil. 15 Prozent beträgt derzeit der Bioanteil in den Schulmensen. Ab August 2020 sollen es 30 Prozent sein, ein Schuljahr später gibt‘s noch einen Nachschlag, dann soll die Hälfte der verwendeten Nahrungsmittel ein Bio-Siegel haben.

Das hat der Senat am Dienstag noch rasch in seiner letzten Sitzung vor Weihnachten beschlossen, als Teil des „Qualitätspakts Schulessen“ von Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) und der „Berliner Ernährungsstrategie“ von Verbraucherschutzsenator Dirk Behrendt (Grüne).

Die Mehrausgaben, rund 12 Millionen Euro in 2020 und 34 Millionen in 2021, sind im Mitte Dezember beschlossenen Doppelhaushalt eingepreist. Ebenfalls in den Kosten enthalten: Der von der rot-rot-grünen Koalition im November beschlossene Anstieg des Vergabemindestlohns für Aufträge durch die öffentliche Hand auf 12,46 Euro.

Prompt beklagten sich die Caterer: Der Aufschlag, der ihnen das Land nun pro Essensportion bezahlt, reiche nicht, um die gestiegenen Anforderungen an die Qualität und die höheren Löhne auszugleichen. Und die CDU sekundierte von der Oppositionsbank sinngemäß: Statt mehr Bionudeln auf dem Teller sei es doch wohl wichtiger, dass die Situation in den Mensen endlich besser werde.

Seit August müssen Eltern nichts mehr für das Schulmittagessen zahlen, das Land subventioniert die Kosten komplett. Die Folge: Mehr Kinder (plus 58 Prozent) essen mittags in der Schule, wie eine Umfrage des Bündnisses Qualität im Ganztag unter rund einem Drittel der 360 öffentlichen Grundschulen ergab. Doch die Situation in den ohnehin schon vielerorts übervollen Mensen verschlechtert das weiter, zudem klagen die Schulen über fehlendes Aufsichtspersonal für die gestiegenen Kinderzahlen.

Was folgt daraus? Dass man den Bioanteil bei 15 Prozent belässt? Aber zaubert dass dann mehr ErzieherInnen und größere Mensen her? Geld im Haushalt gibt es übrigens auch für die letzten beiden Punkte, ganz unabhängig vom Biobudget.

Das eine hat mit dem anderen also nichts zu tun. Insofern: guten Appetit. Anna Klöpper

Grüne und Linke haben das Beste daraus gemacht

Polizeigesetz: Regierungs­koalition findet Kompromiss

Drei Jahre ist der islamistische Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz jetzt her. 12 Tote und über 70 Verletzte waren die Folge. Diverse Untersuchungsausschüsse sind immer noch mit der Aufarbeitung beschäftigt – die meisten Bundesländer indes haben längst Konsequenzen gezogen und ihre Polizeigesetze verschärft. Berlin allerdings wird bei der Reform seines Polizeigesetzes ASOG (Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz) andere Wege gehen.

Die Verhandlungen über das ASOG waren lange und zäh. Nun haben sich die Innenpolitiker der rot-rot-grünen Regierungskoalition zu einem Kompromiss durchgerungen. Zwar haben die Fraktionen noch nicht zugestimmt, und auch über die Formulierungen wird noch gestritten werden, aber die Richtung ist klar: Das Berliner ASOG werde „das liberalste Polizeigesetz“ aller Länder werden, sagte Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen diese Woche zur taz. „Wir bewegen uns damit eindeutig gegen den Bundestrend“, bestätigte auch der Innenpolitiker der Linken, Niklas Schrader.

Die Bayern haben das repressivste Polizeigesetz der Bundesrepublik. Fortschrittlicher zu sein, ist da keine Kunst. Aber auch im Vergleich zu Brandenburg schneidet Berlin deutlich besser ab. Auch in Brandenburg saßen die Linken in der rot-roten Landesregierung, als das Polizeigesetz im Frühjahr 2019 verabschiedet wurde. Auch in Brandenburg haben SPD und Linke hart gestritten. Die SPD wollte die Polizei mit Befugnissen ausstatten, die an Bayern erinnern. Der Einsatz des Staatstrojaner etwa war vorgesehen. Den haben die Linken dann zwar verhindert. Erlaubt haben sie aber, dass ein Terrorverdächtiger in Brandenburg bis zu vier Wochen inhaftiert werden kann und das eine Schleierfahndung möglich ist.

Auch die Berliner Linken und Grünen – genau gesagt deren Innenpolitiker – haben einen Schwenk vollzogen: Der Telefonüberwachung (TKÜ) zur Gefahrenabwehr haben sie nun zugestimmt. Und auch den IMSI-Catcher (Geräte, mit denen u. a. der Standort eines Mobiltelefons innerhalb einer Funkzelle eingegrenzt werden kann) soll die Polizei beim Abhören verwenden dürfen. In der Vergangenheit hatten beide Parteien das als Grundrechtseingriff bezeichnet und abgelehnt. Offenbar hatten sie keine andere Wahl, als die Kröte der SPD zu schlucken.

Die SPD wollte die TKÜ unbedingt. Auch um den Preis, mehr dafür zu geben als zu bekommen. Wie es scheint, haben Grüne und Linke das Beste daraus gemacht. Berufsgeheimnisträger wie Anwälte und Journalisten sollen von der TKÜ ausgenommen, also abhörfrei, bleiben. Und: Nach vier Jahren läuft der Paragraf über die TKÜ automatisch aus.

Die elektronische Fußfessel ist genauso vom Tisch wie der sogenannte finale Rettungsschuss. Auch die vom Innensenator favorisierte Videoüberwachung an ausgewählten kriminalitätsbelasteten Orten scheint kein Thema mehr zu sein. Und auch das haben Grüne und Linke durchgesetzt: Künftig wird es die Polizei durch Streichungen im ASOG schwerer haben, unter einem Vorwand rassistisch motivierte Kontrollen – „Racial Profiling“ – durchzuführen. Auch der Unterbindungsgewahrsam wird von jetzt vier Tagen auf zwei Tage verkürzt.

Aber reicht das aus, um von einem liberalen Polizeigesetz zu sprechen? Das klingt ja fast so, als würde die Berliner Polizei in Zukunft Blümchen pflücken. Eine Nummer kleiner wäre gut, auch wenn der Blick über den Berliner Tellerrand zeigt: Es geht auch härter. Plutonia Plarre

Das klingt ja fast so, als würde die Berliner Polizei in Zukunft Blümchen pflücken. Eine Nummer kleiner wäre gut, auch wenn der Blick über den Berliner Tellerrand zeigt: Es geht auch härter

Plutonia Plarreüber das neue Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz