Stephanie Grimm hört auf den Sound der Stadt:
Schwulen Pop gibt es reichlich, die lesbische Perspektive ist eher selten. Die Britin Marika Hackman ist genervt vom Blick durch die männliche Brille, der auch den Pop prägt. Auf Soundebene gibt sie jedoch nicht das Riot-Grrl; ihre Songs eignen sich für den Sprung aus der Nische. Nach zwei folkigen Platten lässt sie sich auf ihrem aktuellen Album vom Indie-Sound der Nuller Jahren inspirieren: ein gut gelaunter Kontrapunkt zu den oft abgründigen Texten. Zu erleben am Donnerstag im Privatclub (20 Uhr, Skalitzer Str. 85-86, ausverkauft).
Um Abgründe geht es auch bei einem anderen Londoner, dem Conscious-Rapper Loyle Carner, der ebenfalls den persönlichen Blickwinkel vorzieht. Durchs Brennglas seiner komplexen (Familien-)Geschichte erzählt er von gesellschaftlichen Problemen. Unlängst kommunizierte er in den sozialen Netzwerken „Yes Euro heads, Fuck Brexit, we‘re bringing the album tour to Europe!“ Pünktlich zum britischen Wahlabend, bei dem ja nicht zuletzt über den Brexit abgestimmt wird, tritt er am Donnerstag im Astra (20 Uhr, Revaler Str. 99, ausverkauft) auf. Es ist zu vermuten, dass der wütende junge Mann einiges zum Thema zu sagen hat. Sein neues Album heißt übrigens „Not Waving, But Drowning“ und ist inspiriert von einer Geschichte über einen Mann, der einen Hilferuf absetzt, was aber als Gewinke missverstanden wird. Der Mann ertrinkt. Lässt sich als politische Metapher lesen.
Ihren eigenen Blick auf die britische herrschende Klasse haben auch die dubbigen und trotzdem schwer rhythmusgetriebenen Jazzer Sons of Kemet um den Klarinettisten und Saxofonisten Shabaka Hutchings. „Your Queen Is A Reptile“ heißt ihr Album, das sich nur scheinbar an den rechts-esoterischen Verschwörungstheoretiker David Icke anlehnt. Der glaubt, dass etwa die Royals in Wirklichkeit Reptiloiden sind, die die Kontrolle übernommen habe. Die Sons of Kemet dagegen nehmen den Titel als Vorlage, mit „My Queen is …“ zu kontern. Es folgt eine Liste von Aktivistinnen der afrikanischen Diaspora. Zu erleben ist das eindrucksvolle Trio am Freitag im Gretchen (20 Uhr, Obentrautstr 19–21, 25 Euro).
Intensiv wird es wohl auch bei King Khan‘s Louder Than Death. Für das hat Berlins begnadetster Entertainer King Khan mal wieder ein neues Projekt an den Start gebracht und sich mit den Garage-Punk-Legenden The Spits und dem toll eigenwilligen Lo-Fi-Künstler Drew Owen alias Sick Thoughts zusammen getan. Khans Tochter, die Songwriterin Saba Lou ist auch dabei. Zu erleben am Mittwoch im Bi Nuu (20 Uhr Im U-Bhf Schlesisches Tor, 16,90 Euro).
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