Immer am finanziellen Limit

Seit 15 Jahren betreibt der schwule Infoladen „Hein & Fiete“ niedrigschwellige Aufklärungsarbeit bei HIV und Aids. Zahl der Neuinfektionen in Hamburg steigt

In seinem Vorstellungsgespräch, 2001, habe er ja gesagt, sein Traum sei, dass eine Einrichtung wie Hein & Fiete irgendwann überflüssig werde: Markus Straube, Projektleiter des schwulen Infoladens, lächelt. Draußen laufen die Vorbereitungen für das Jubiläumsstraßenfest am Pulverteich: Im 15. Jahr des Bestehens von Hein & Fiete – und somit nach etwa 180.000 Nutzern und Besuchern – sieht es nicht danach aus, als ob die „Primärprävention“, die von hier aus betrieben wird, so bald nicht mehr nötig sein wird – eine erklärt niedrigschwellige Aufklärungsarbeit, die sich an noch nicht mit HIV Infizierte oder bereits an Aids Erkrankte richtet.

Den Hintergrund bilden die jüngst wieder steigende Zahl der HIV-Neuinfektionen auch in Hamburg – und der Umstand, dass Sex zwischen Männern zu mehr als der Hälfte dieser neu hinzu kommenden Infektionen führt. Es sei ja nicht so, dass die Übertragungswege, die riskanteren Praktiken, nicht bekannt seien, sagt Straube – es blieben aber die entsprechenden Konsequenzen im Verhalten aus. Der falsche Eindruck, HIV und Aids seien so gut wie therapierbar, habe vielfach Sorglosigkeit zur Folge. Eine weitere Gefahr sei die „explodierende“ Zahl etwa der Syphilis-Infektionen bei weitgehend fehlendem Risikobewusstsein. Und auch die zunehmend beliebte Online-Kontaktanbahnung stelle eine Herausforderung dar: Erste Studien ließen darauf schließen, dass die Bereitschaft zum ungeschützten Verkehr bei Verabredungen größer sei, die über das Internet zustande kommen.

Allem Bedarf zum Trotz arbeitet Hein & Fiete seit Jahren finanziell „am Limit“, so Straube schon früher gegenüber der taz. Und weitere Zuwendungskürzungen stünden an. 2,75 hauptamtliche Stellen hat man derzeit, um neben dem gut eingeführten Infoladen in St. Georg auch die Szene-vor-Ort-Arbeit zu besorgen: in Bars, Kinos und Saunen, verstärkt auch an einschlägigen Outdoor-Plätzen, „da wir an diesen Orten Personen antreffen, die sonst eher schwierig für uns zu erreichen sind (Männer, die Sex mit Männern haben, aber nicht offen schwul leben)“, wie es im „Sachbericht 2004“ heißt. In den 15 Jahren seines Bestehens habe Hein & Fiete dabei mehr als 300.000 Kondome und so genannte Cruising Packs (Kondom und Gleitgel-Portion) verteilt.

Solche Arbeit ist nur möglich mit derzeit rund 80 Ehrenamtlichen. Insgesamt seien über die Jahre etwa 70.000 ehrenamtliche Arbeitsstunden geleistet worden von gut 500 Freiwilligen aus allen Teilen der Szene. Sie wirkten, führt Straube aus, im Idealfall auch danach noch als Multiplikatoren für die Anliegen des Projekts. Und die wiederum dürften so bald eben auch noch nicht hinfällig sein. ALEXANDER DIEHL

Hein & Fiete, Pulverteich 21, 20099 Hamburg, ☎ 24 03 33, www.heinfiete.de