Billigtherapie im Knast?

Psychotherapeutenkammer warnt davor, bei der Therapie von Straftätern Abstriche bei der Qualität vorzunehmen: 40 Euro die Stunde sei zu wenig

Bremen taz ■ Zwischen der Psychotherapeutenkammer und dem Bremer Justizressort gibt es Missstimmungen. Hintergrund ist eine Stellungnahme des Ressorts zu den Kosten für psychotherapeutische Behandlung von Gefängnisinsassen gegenüber dem Rechnungshof. Bevor fachfremde Instanzen über Stundensätze von 40 Euro beratschlagten, sollten sie Rücksprache mit Fachleuten halten, fordert die Bremer Psychotherapeutenkammer. Sie fürchtet Bestrebungen, „psychotherapeutische Behandlungen mit sittenwidrigen Dumpinghonoraren zu vergüten“ – und hohe Qualitätsstandards, die an Psychotherapie angelegt werden müssten, für Straftäter auszuhebeln. Die Stellungnahme des Justizressorts zu Therapeutenleistungen sei „von mangelnder Fachkompetenz durchzogen“, so die Kammer.

Die weitreichendste Befürchtung der Therapeuten ist demnach, dass das Justizressort therapeutische Leistungen ausschreibt. „Offensichtlich strebt das Ressort an, Psychotherapie durch nicht qualifizierte Personen durchführen zu lassen“, heißt es dazu in der Stellungnahme der Kammer. Anders sei nicht zu erklären, warum die Justizbehörde fachliche Standards nicht benenne, denen Therapeuten gerecht werden müssen. Zugleich verwahrt die Kammer sich dagegen, dass Diagnose und Behandlung von verschiedenen Personen durchgeführt werden könnten. Schon während die Diagnose gestellt werde, entwickle sich ein Vertrauensverhältnis, dass Grundlage der therapeutischen Beziehung zwischen Behandler und Patient sei. Diesen Prozess zu zerlegen, trage zu Kostensteigerung bei.

Unterdessen verwahrt sich die Kammer gegen einen Honorierung von 40 Euro pro Behandlungsstunde, wie sie der Rechnungshof als einfachen Gebührensatz nach der „Gebührenordnung Psychotherapeuten“ einbrachte. Vielmehr sei der übliche erhöhte Satz von 92 Euro angemessen, würden die meist schwerwiegenden psychischen Störungen der Straftäter berücksichtigt. Auch habe das Bundessozialgericht 75 Euro pro Behandlungsstunde als Mindesthonorierung der Kassen festgelegt. Für 40 Euro jedoch könne ein in eigener Praxis tätiger Psychotherapeut nach langjähriger Ausbildung nicht arbeiten. ede