Ambulante Versorgung in Deutschland

Die ambulante medizinische Versorgung ist in der Regel die erste Anlaufstelle im Gesundheitssystem. Wer sich krank fühlt, sucht meist zuallererst eine Arztpraxis auf. Laut Bundesärztekammer haben 2018 bundesweit 157.300 Ärzt*innen in der ambulanten Versorgung gearbeitet. Davon waren 25,3 Prozent (39.800) angestellt tätig und 74,7 Prozent (117.500) als niedergelassene Ärzt*innen – also als freiberufliche Unternehmer*innen. In Deutschland ist die ambulante Versorgung stark mit Unternehmertum verknüpft.

Konkret bedeutet das: Ärzt*innen gehen ein persönliches Risiko ein. Das, was sie medizinisch über die Krankenkassen abrechnen, steht in direkter Verbindung mit dem, was sie verdienen. Das scheint auch für viele Ärzt*innen nicht mehr so attraktiv zu sein. 1996 waren nur 6.900 im Angestelltenverhältnis tätig, im Jahr 2018 waren es 39.800 – das ist immerhin eine Verfünffachung. In vielen anderen Ländern ist es üblich, dass Ärzt*innen in ambulanten Gesundheitszentren angestellt sind.

Auch in der DDR war das so: In den sogenannten Polikliniken wurden Ärzt*innen vom Staat angestellt und bezahlt, sie kümmerten sich dort fachübergreifend um die ambulante Versorgung der Bevölkerung. Die Geschichte der Polikliniken geht zwar bis ins 19. Jahrhundert zurück, ist heute aber vor allem mit der Gesundheitspolitik der DDR verknüpft. Diese Form der staatlichen Gesundheitsversorgung wurde nach der Wiedervereinigung 1996 weitestgehend abgeschafft. Dabei bietet dieses Modell viele Vorteile: kürzere Wege für Patient*innen, besserer Austausch zwischen unterschiedlichen Fachrichtungen, teure medizinische Geräte können gemeinsam genutzt werden. Seit 2004 ist es rechtlich möglich, sogenannte Medizinische Versorgungszentren (MVZ) zu gründen, die an das Modell der Polikliniken erinnern. Der Trend geht insgesamt weg von der Einzelpraxis.

Die Kooperation mit nichtmedizinischen Berufen oder mit Heilmittelerbringer*innen, wozu etwa Physiotherapeut*innen oder Logo­päd*innen gehören, ist in der ambulanten ­Versorgung dennoch bis auf wenige Ausnahmefälle verboten, um Korruption zu verhindern.

Die Bedarfsplanung ist ein wesentliches Instrument zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung. Manche ländliche Gegenden kämpfen darum, überhaupt eine Grundversorgung aufrechtzuerhalten. Oft heißt es, dass große Städte eher überversorgt sind mit Ärzt*innen. Das stimmt jedoch nur bedingt. In Großstädten wie Berlin etwa, in denen Bezirke so groß sind wie andere Städte, gibt es große Ungleichheiten in der ambulanten Gesundheitsversorgung. Zwar gibt es dort zahlenmäßig genug Ärzt*innen, jedoch siedeln sich diese vor allem in Bezirken mit einer zahlungskräftigen Klientel an, also dort, wo es mehr Privat­patient*innen gibt. Seit 2013 dürfen zugelassene Haus- und Kinderärzt*innen sich nur noch in unterversorgten Berliner Stadtbezirken niederlassen. Jasmin Kalarickal