: Mainz, wie es räumt und kracht
RHEINLAND-PFALZ Drei Wochen lang war eine Villa in der Mainzer Austraße ein alternatives Kulturzentrum, organisiert von Besetzern. Am Dienstagmorgen wurde es geräumt
AUS MAINZ ARNO FRANK
Um 5.30 Uhr trafen sich Besetzer der Villa in der Oberen Austraße 7 in Mainz noch mit ihren Sympathisanten zum ausgiebigen Frühstück. Kurz darauf wurden sie von der Polizei geräumt. Diese rückte gegen die 45 Demonstranten in Regimentsstärke an, mit schwerem Gerät und Luftunterstützung. Einem Aufruf per Megafon zur „freiwilligen Räumung“ kamen die Demonstranten nicht nach – sie hatten sich schon im Vorfeld auf einen friedlichen Widerstand geeinigt und dazu aufgerufen, an diesem Tag „keine Drogen“ oder anderes Verbotenes mit sich zu führen.
Gegen 6.30 begannen die Polizisten mit dem Abtransport der Demonstranten, von denen nur einer wegen seines Widerstands in Gewahrsam genommen wurde. Danach räumte die Polizei mit einem Panzerwagen die aufgetürmten Barrikaden aus Gerümpel beiseite, um sich besser einem möglichen Problem widmen zu können: Ein paar Vermummte harrten noch in einem der oberen Stockwerke aus.
Weil aus dem über der Villa kreisenden Hubschrauber zu beobachten war, wie Besetzer eine Flüssigkeit auf dem Dach ausschütteten, kam ein sogenanntes Höheninterventionsteam zum Einsatz. Per Hubwagen ließen sich diese offenbar schwindelfreien Beamten bequem aufs Dach transportieren, das ohne weiteren Widerstand geräumt werden konnte. Um 10.45 Uhr wurde die Räumung unter den Klängen einer solidarischen Sambaband für beendet erklärt. Ebenfalls beendet war damit nach nur drei Wochen der Versuch einer kreativen Instandbesetzung.
Drei Jahre lang hatte das Haus auf einem Gelände der Mainzer Stadtwerke leergestanden. Die Besetzerinnen und Besetzer hatten versucht, die dreistöckige Villa in ein unkommerzielles soziokulturelles Zentrum zu verwandeln. Entstehen sollte ein Raum für Kunst, Kultur und Politik, und tatsächlich fanden in den drei Wochen bis zu 50 verschiedene Workshops in den Räumlichkeiten statt.
An entsprechenden Angeboten fehlt es in der Landeshauptstadt zwar – aber Mainz’ Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) zeigte sich weder kompromiss- noch gesprächsbereit. Nach einer Begehung durch Vertreter der Stadt wurden die Veranstaltungen verboten. Das Haus sei baufällig, feuerpolizeilich nicht auf der Höhe und die Stadt rechtlich verantwortlich für mögliche Unfälle.
Nach elf Tagen stellte die Staatsanwaltschaft einen Strafantrag, um das Gelände von der Polizei räumen lassen zu können. Die Vertreter des Zentrums scheiterten mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht, die Räumungsklage auszusetzen. Seitdem war es nur noch eine Frage der Zeit, wann es zum Showdown kommen sollte.
Um eine Neubesetzung der Villa zu verhindern, soll sie noch im Laufe des Tages abgerissen werden. Doch mit dem Abriss verschwinden nicht die Probleme, die dessen Besetzer beklagen. Die Szene ist zudem sehr engagiert und gut organisiert, und Mainz ist eine alte Stadt mit vielen, vielen alten Häusern.
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