berlinmusik
: Noise vom Jazz

Die 90er waren gar nicht so schlimm. Also in musikalischer Hinsicht. Das mag manchmal in Vergessenheit geraten, wenn man die Werbeplakate für 90er Partys sieht, bei denen mit Dr. Alban, Culture Beat, Haddaway und den (unantastbaren!) AceOf Base geworben wird. Auch die Berliner Band Dog Dimension bezieht sich auf die 90er, allerdings auf den Noise­rock aus der ersten Hälfte der Dekade. Das Trio hat kürzlich die zweite EP „Area Of Outstanding Beauty“ veröffentlicht, erschienen ist sie auf dem kleinen Label Bohemian Drips. Der Sound von Dog Dimension ist gekennzeichnet von sägenden bis flirrenden Gitarren, einer Rhythmussektion, die mit ordentlich Wumms daherkommt sowie dem „rockigen“ Gesang von Sängerin Josefine Lukschy. Ihre Art zu singen erinnert an Bands wie L7 oder Babes in Toyland, beim Gesamtsound von Dog Dimension können einem die frühen Helmet als Referenz in den Sinn kommen. Die sechs Songs sind toll produziert, die Texte kommen schön angepisst daher („Afterlife/Assembly Line“, „Stuck In A Turd“) – wer also diese etwas andere Klangfarbe der 90er vermisst, der sollte Dog Dimension unbedingt abchecken.

Eine andere Farbe in den hiesigen Jazz bringt Wa­nu­balé, ein Musikerkollektiv, das aus neun jungen Herren aus Berlin und Potsdam besteht. Kürzlich hat die Band mit „Phosphènes“ ihr Debütalbum veröffentlicht. Darauf bringen sie Jazz, Funk und Dub gekonnt zusammen, für das Fundament sorgt eine groovende Rhythmusabteilung, über dem sich die Bläser oder auch mal eine Sologitarre austoben dürfen. Die acht Songs sind hochgradig tanzbar, zappelig, funky. Wanubalé zeigen in den rein instrumentalen Stücken im Übrigen, dass es nicht unbedingt Texte braucht, um etwas zu vermitteln, manchmal geben schon Songtitel die Richtung vor. Bei „Strange Heat“ oder „U9 by Bike“ bekommt man zumindest eine Vorstellung davon, was die Songwriter beschäftigt. Den Bandnamen Wanubalé haben sie übrigens vor allem deshalb gewählt, weil er gut klingt, das Wort soll aber auf Suaheli „Brüder“ bedeuten. Der Sound dieser neun Brüder hier klingt so gut und fresh, dass sie eine große Zukunft vor sich haben könnten. Jens Uthoff

Dog Dimension: „Area Of Outstanding Beauty“ (Bohemian Drips/A-Musik/Broken Silence) | Wanubalé: „Phosphènes“ (Agogo Records/K7)