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„Wir wollen keine Dauersubventionierung“

Die Wälder der Zukunft müssen dem Klimawandel standhalten und wirtschaftlich nutzbar sein, sagt Waldbesitzer-Lobbyist Hans-Georg von der Marwitz

Foto: agdw

Hans-Georg von der Marwitz ist seit dem Frühjahr Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzer-Verbände. Zudem sitzt der Ökolandwirt aus Märkisch-Oderland für die CDU im Bundestag.

taz: Herr von der Marwitz, ökologisch orientierte Förster und Umweltverbände warnen seit Jahrzehnten vor Monokulturen aus Nadelbäumen. Warum waren die Waldbesitzer nicht besser auf die Klimakrise vorbereitet?

Hans-Georg von der Marwitz: Schuldzuweisungen, die sich an zwei Generationen vor uns richten, sind doch albern. Unsere heutigen Wälder wurden nach dem Zweiten Weltkrieg gepflanzt, da schienen schnell wachsende Fichtenforste richtig zu sein, weil man Bauholz brauchte. Künftig müssen wir auf Vielfalt setzen, auf Mischwälder mit verschieden Baumarten. Robinien werden darin einen Platz haben, Kiefern, Eichen, Roteichen und japanische Lärchen, auch Douglasien. Wir müssen zum einen herausfinden, welche Mischwälder dem Klimawandel gewachsen sind; sie müssen aber auch den wirtschaftlichen Anforderungen der Zukunft gerecht werden.

Forstwissenschaftler fordern, die jetzige Krise für eine Umkehr zu nutzen, das Totholz liegen zu lassen und unter dieser schützenden Decke den Wald von selbst nachwachsen zu lassen. Eine gute Idee?

Wir lassen jetzt schon Totholz im Wald, im Schnitt gibt es pro Hektar 20 Festmeter Wipfel, Äste und so weiter. So schützen wir Biodiversität und Böden. Aber das Schadholz muss raus. Zur Not können wir es in der Feuerung verwenden und damit Öl und Kohle substituieren. Wir haben hier einen wertvollen Rohstoff, den können wir doch nicht einfach verrotten lassen. Das wäre doch grotesk.

In Nationalparks oder ökologisch bewirtschafteten Wäldern hat man damit gute Erfahrungen gemacht …

Was heißt denn gute Erfahrungen? Im Nationalpark Bayerischer Wald werden die Borkenkäfer nicht bekämpft, sodass sie die Bäume kahlfressen und aus der Schutzzone auch noch in die Privatwälder wandern. Wenn die öffentliche Hand so wirtschaftet, dass nichts unternommen wird, wenn Wälder von Schädlingen kahlgefressen werden, dann bezahlt das der Steuerzahler.

Und wenn die Privatwaldbesitzer dafür künftig Subventionen bekommen?

Wir wollen keine Dauersubventionierung, und wir wollen auch keine Entschädigungen für entgangene Gewinne. Aber wegen der europaweiten Krise im Wald ist der Holzmarkt zusammengebrochen. Der Waldumbau bleibt eine gewaltige Aufgabe, die wir gesamtgesellschaftlich lösen müssen. Er ist ja schon seit Jahrzehnten im Gange, der Nadelholzanteil in Reinkultur im Wald liegt bei nur noch 27 Prozent. Schon in der nächsten Waldgeneration wird er nur noch 11 Prozent ausmachen. Wir müssen uns weiterhin um den Wald kümmern, um ihn an das veränderte Klima anzupassen. Wenn wir die Wälder sich selbst überlassen, folgt Fichte auf Fichte und Buche auf Buche. Wir müssen darüber hinaus langfristige Holznutzungskonzepte entwickeln und die Speicherfunktion des Waldes für Kohlenstoff mitdenken. Schließlich erbringt der Wald Ökosystemleistungen, und zwar bislang kostenlos. Wir alle profitieren davon, dass der Wald Wasser reinigt und speichert, dass er das Klima reguliert, CO2 bindet und Sauerstoff produziert, dass er, etwa in den Bergregionen, vor Lawinen oder Erosion schützt. Von den Angeboten an Erholung und Tourismus ganz abgesehen. Das alles sind Leistungen, die für die Gesellschaft erbracht werden. Daher müssen wir den Waldumbau auch gemeinsam finanzieren.

Wenn kaum Holz geerntet wird, ziehen die Preise dann wieder an?

Jetzt geht es in erster Linie darum, die Wälder zu retten. Wir müssen sie auf künftige Wetterextreme einstellen. Und zu den Preisen: Wir haben die Probleme ja nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Zudem lassen sich nicht alle Holzarten gut lagern, Kiefern zum Beispiel verfärben sich; Fichtenstämme müssen feucht gehalten werden, das ist ein nicht unerheblicher Aufwand. In der Größenordnung, wie jetzt Holz auf den Markt drückt, lässt sich das nicht einfach für die nächsten Jahre vorhalten. Die Krise bringt eine ganze Branche ins Straucheln und Menschen in Existenznot. Schließlich leben rund 1,1 Millionen Menschen mit dem Wald und vom Wald.

Interview: Heike Holdinghausen