Merkel soll den Osten erstürmen

Die Union wolle bei der Bundestagswahl 45 Prozent der Stimmen erreichen und stärkste Kraft im Osten werden, verkündeten ihre Generalsekretäre Söder und Kauder. Stoiber treibt die Namensdebatte voran. Auch Schäuble gehöre ins Kompetenzteam

AUS BERLIN KAI BIERMANN

CDU-Chefin Angela Merkel hat gestern den „Auftakt der heißen Wahlkampfphase“ ausgerufen und sich mit Spitzenpolitikern der Union über die Strategie der kommenden Wochen beraten. Allzu viel verriet man hinterher darüber nicht. Einziges Ergebnis: Merkel muss sich anstrengen.

CSU-Chef Edmund Stoiber hatte kurz vor dem Treffen in einem Interview mit dem Stern das Wahlziel der Union und damit auch die Erwartungen an Parteichefin Merkel vorgegeben, als er sagte: „Unser Potenzial für diese Wahl liegt deutlich über 40 Prozent, bei 42 bis 45 Prozent. Das können und müssen wir erreichen.“ Die Generalsekretäre beider Parteien griffen dies sofort auf. Markus Söder (CSU) sagte nach dem Treffen, man wolle 45 Prozent der Wählerstimmen erreichen, Volker Kauder (CDU) war etwas vorsichtiger und sprach von „42 Prozent aufwärts“. Außerdem scheint man auf einen Ossi-Bonus Merkels zu hoffen. Söder sagte, man wolle im Osten stärkste Kraft werden. Kauder ergänzte, es gebe dafür „sehr gute Chancen“.

Derzeit zeigen Umfragen, dass die Union an Zustimmung verloren hat. Sie erreicht demnach 42 Prozent. Gemeinsam mit der FDP bekäme sie nur noch eine knappe Mehrheit gegenüber Rot-Grün. Die SPD, die leicht an Stimmen gewinnt, nannte die Unionspläne unrealistisch. Für SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter waren sie lediglich „ein wohl gezielter Angriff auf die Spitzenkandidatin Merkel“.

Die FDP nutzte die Ansagen von Söder und Kauder für eine Kritik an der Kritik. In der Union hatte man der FDP geraten, sich nicht allzu sehr abzugrenzen und lieber mehr gegen den politischen Gegner und weniger gegen den potenziellen Koalitionspartner zu kämpfen.

Fraktionschef Wolfgang Gerhardt bemängelte nun am Mittwoch, dass die Union nicht einfach sämtliche Wähler als ihr Potenzial bezeichnen könne. Gerhardt zieh CDU und CSU eines „verschwommenen Eigentumsbegriffs“: „Die Wähler gehören nicht der Union.“ Außerdem zeigte sich Gerhardt sicher, dass Merkel letztlich darauf verzichten werde, die Mehrwertsteuer zu erhöhen. „Auch Frau Merkel wird begreifen, dass die Politik zunächst eine Leistung erbringen muss, bevor sie den Bürgern in die Tasche greift.“

In einem anderen Punkt scheinen die Herren ihre Kandidatin ebenfalls vor sich her zu treiben. Über Merkels „Kompetenzteam“, das kein Schattenkabinett sein soll, ihm aber reichlich ähnlich sieht, bewahrte sie selbst am Mittwoch weiter Verschwiegenheit.

Dafür redete CSU-Chef Stoiber umso mehr und verkündete einige Namen. Zum Beispiel den von Wolfgang Schäuble. Dieser sei schließlich immer „der Kopf der Außen- und Sicherheitspolitik“ gewesen, sagte Stoiber in dem Interview. „Er wird eine große Rolle im Kompetenzteam spielen.“ Da die Außenpolitik vehement vom Koalitionspartner FDP beansprucht wird, bliebe also noch das Thema Verteidigung. Auch den Namen des bayerischen Innenministers Günther Beckstein hatte Stoiber schon erwähnt. Die Welt will außerdem erfahren haben, dass die Vizechefin der Bundestagsfraktion, Gerda Hasselfeldt, mitmachen darf. Darüber hinaus gelten der saarländische Ministerpräsident Peter Müller, die baden-württembergische Bildungsministerin Annette Schavan und die niedersächsische Sozialministerin Ursula von der Leyen als Anwärter.

Im Übrigen schimpften Söder und Kauder gehörig auf die „negative Bilanz von Rot-Grün“ und sprachen von einer „Schicksalswahl“. Auf die sinkenden Umfragewerte von Union und FDP ging niemand ein.