verkehrswenden
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Es bleibt noch symbolisch

In Paris sieht man sich gern in einer Pionierrolle bei der Neuordnung im Verkehr

Aus Paris Rudolf Balmer

Paris atmet“. So lautet der Slogan in der französischen Hauptstadt. Seit Oktober 2018 sind jeweils am ersten Sonntag des Monats vier Bezirke des Zentrums während ein paar Stunden für private Motorfahrzeuge gesperrt. Im Prinzip wenigstens, denn bei näherem Zusehen wird das sonntägliche Fahrverbot weiterhin von vielen missachtet. Die meisten geben an, sie hätten von dieser Maßnahme zum Schutz der Luft noch nie gehört, weil sie anderswo wohnen, andere verweisen auf einen dringenden Anlass in einem der Quartiere im Stadtkern.

Die Ausreden funktionieren sogar häufig bei den Sperren, wo die Einfahrt in das erste, zweite, dritte und vierte Arrondissement von kommunalen Beamten oder Angestellten einer Privatfirma kontrolliert wird. Auch die scheinen viel Verständnis für Ausnahmen zu haben. Zudem ist es nicht einfach, sich bei den bestehenden Fahrgenehmigungen für diverse Berufskategorien (Pflegepersonal, Taxis, JournalistInnen) oder für „saubere“ Fahrzeuge auszukennen. An diesem Sonntag beteiligt sich Paris an der europaweiten Aktion „autofreie Stadt“. Auch dieses Mal gilt dies aber nur für einige Quartiere und von 11 bis 18 Uhr. Es bleibt vorerst beim Symbolischen.

Doch trotz dieser Einwände und Mängel ist diese Maßnahme besser als nichts. Anne Hildalgo, die Bürgermeisterin einer rot-grünen Koalition, hofft denn auch, dass sich die BürgerInnen an das Fahrverbot gewöhnen und die weitere Politik zur Beschränkung des Autoverkehrs unterstützen. Gestützt auf ihre Bilanz bei den verkehrspolitischen Bemühungen gegen die Luftverschmutzung, möchte sie im kommenden Jahr wiedergewählt werden. Dafür hat sie gute Argumente: Weitere Teile der Uferstraße entlang der Seine, bisher eine der wichtigsten Ost-West-Achsen der Pkws, sind für Fußgänger und Radfahrer reserviert.

Paris als Schauplatz der Olympischen Spiele 2024 veranlasst die Stadtregierung, den Transport in und rund um den Großraum Paris zu renovieren. Bis 2030 sollen auf den Pariser Straßen nur noch Elektromobile rollen, verspricht Hidalgo. Parallel zum Rückgang der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren soll der öffentliche Verkehr (mit Hybridbussen und der ausgebauten Metro) gefördert und das Umsteigen auf umweltfreundliche Vehikel erleichtert werden.

Dank den „Vélibs“, einem 2007 mit viel Erfolg gestarteten Mieträdersystem, und später mit der Genehmigung der „Trottinettes“, der E-Roller diverser Anbieter, die sehr schnell die ganze Stadt erobert haben, konnte sich Paris im Bereich der neuen urbanen Transportmittel damit brüsten, eine Pionierrolle gespielt zu haben. Hier spielen jedoch ärgerliche Rückschläge (beim Wechsel des Vélib-Anbieters) und undisziplinierte Roller-Benutzer Hildalgos Gegnern in die Hände.