Torben Becker sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt:
Der Tag der deutschen Wiedervereinigung steht vor der Tür. Wenige haben noch bevor es diesen Feiertag überhaupt gab die abstoßenden Untiefen einer neuen Deutschtümelei und des salonfähigen Nationalismus derart auf den Punkt gebracht, wie Wiglaf Droste. In seinem Text „Hoch die Mauer!“ zum Jahrestag des Mauerbaus am 13. August 1989 beschreibt er die langen Schatten, eines befürchteten deutsches Einheitsgefühl. Ein Zitat: „Die Deutschen, also die, die sich sog. Stolz einbilden, Deutsche zu sein, gehören in Schach gehalten, notfalls mit Mauer und Stacheldraht. Lässt man sie von der Leine, tritt immer wieder dasselbe zutage: der Restverstand in den Grenzen von 1937.“ Auch dieses Jahr bleiben (nicht nur) zum Feiertag Drostes Beobachtungen zutreffend. Das rechtsextreme Bündnis „Wir für Deutschland“ plant am 3. Oktober unter dem Motto „2. Tag der Nation“ einen Aufmarsch vom Hauptbahnhof quer durch die Stadt bis zum Alexanderplatz. Der Aufmarsch ist für 5.000 Personen angemeldet, doch es ist unwahrscheinlich, dass diese Anzahl von Rechtsextremen kommen wird, so die Einschätzung der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). Im letzten Jahr beteiligten sich rund 1.200 Personen.
Doch, egal wie viele Menschen an dem WfD-Aufmarsch teilnehmen werden, es gibt in der Stadt diverse Gegenproteste. Unter dem Motto „Den Nazis keine Mitte“ ruft die Anwohner:inneninitiative für Zivilcourage – Gegen Rechts mit Unterstützung des Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin und verschiedener Künstler*innen zu einer Gegenkundgebung auf (3. 10, Friedrichstraße/Johannisstraße, Start: 13 Uhr).
Zudem Plan das Berliner Bündnis gegen Rechts, das ein Zusammenschluss aus antifaschistischen Gruppen, Verbänden und Vereinen ist, an der Route eine Protestkundgebung unter dem Motto „Kein Platz für Nazis“ gegen den rechtsextremen Aufmarsch (3. 10., Platz der Märzrevolution, 14 Uhr).
Zudem ist eine weitere rechtsextreme Veranstaltung angemeldet. Der als „Volkslehrer“ bekannte Rechtsextremist Nikolai Nerling mobilisiert unter dem Motto „Für deutsche Kultur in Deutschland“ zu einer Kundgebung von 14–17 Uhr auf dem Breitscheidplatz. Hier ist noch kein Gegenprotest angemeldet, jedoch kursieren im Internet Aufrufe, die Kundgebung kreativ zu stören. Nach Angaben des Projektes Berlin gegen Nazis ist dies die vierte Veranstaltung dieses Formates in diesem Jahr. Die Kundgebungen von Nerling waren stets von großem Gegenprotest begleitet (3. 10., Breitscheidplatz, 14 Uhr, weitere Informationen unter: www.berlin-gegen-nazis.de).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen