Hajo Schiff
Hamburger Kunsträume
: Neue Gedanken im Rotweinglas

Unter der Dusche, in einem Rotweinglas … der Ort für neue Gedanken kann überall sein. Aber Kunst, die mehr sein soll als nur Idee, braucht zum Wachsen einen Raum. Das Atelier ist mehr als ein Produktionsort, es ist wie eine mythische Brutstätte, von Malern selbst oft dargestellt und von Kunstfreunden auf der Suche nach dem Quellcode der Genies mit Ehrfurcht besucht.

Einmal im Jahr öffnen die Hamburger Künstlerinnen und Künstler des BBK ihre Herstellungsorte dem Publikum, dieses und nächstes Wochenende ist es wieder soweit. Rund 80 Ateliers mit über 100 Künstler*innen und mehrere Künstlerhäuser nehmen teil (Programm unter: www.bbk-hamburg.de/offene-ateliers-2019).

Leider gehen immer wieder Atelierorte verloren, aber es werden auch neue gefunden, derzeit besonders in Rothenburgsort. Auf dem Gelände des ehemaligen Stahlhandels Albert Mund in der Marckmannstraße 55 wurden 3.000 Quadratmeter Produktionsraum ermöglicht – wenn auch nur für ein Jahr. Heute ist das Projekt zu besichtigen, dazu gibt es ein umfangreiches Programm; und um 13 Uhr auch eine Gesprächsrunde zum problematischen Thema Zwischennutzung.

Auch im Südosten geht es am Sonntag am Bullerdeich 6 um eine ganz andere Quelle der Inspiration. Denn vielleicht sollte Kunst nicht im geschlossenen Raum erdacht, sondern der Natur abgelauscht werden. Mit seinen subdialogischen Versuchen im Pflanzenreich tut Harald Finke genau das. Zusammen mit Arne Traumüller versetzt er Pflanzen technisch in die Lage, Klänge zu erzeugen. So gibt es auf dem alten Recyclinghof ab 15 Uhr ein Pflanzenmusik-Treffen, klanglich erweitert wird es von Caroline Salome und Manuel Scuzzo.

Steine sind es, die Carl Vetter zum Klingen bringt, dazu spielt Krischa Weber Cello. Dieser Sound begleitet die Eröffnung von „Bauhaus in den Falten des Raumes“ am kommenden Freitag im Künstlerhaus Sootbörn. In Malerei, Installation und Animationsfilm referieren Peter Heber, Maria Hobbing, Jochen Kuhn, Peter Schindler und Carl Vetter auf den eher spirituellen Geist des anfangs keineswegs nur industrieorientierten Bauhauses.

„Mit Steinen Schwimmen“ ist wiederum keine Performance. Es ist der Titel einer Bilderschau im Westwerk. In zahlreichen Schichten zwischen zeichnerischen Fragmenten und Farbstimmungen transformiert Martin Conrad dort Nachklänge des Gesehenen und versunkene kulturelle Erinnerungen in seine Gemälde. Zu sehen ist das noch bis zum 27. September: eine komplexe Verbildlichung visueller Quellen der Inspiration noch vor neuer Gestaltwerdung.