IM BUCHLADEN
: Bei mir nicht

„Haben wir nicht. Nein, das Buch bestelle ich Ihnen auch nicht“

Ein Samstagvormittag in Charlottenburg. Gut gekleidete Herrschaften um die sechzig sitzen in Cafés und trinken Cappuccino. Hier und da ist auch das ein oder andere langstielige Glas zu sehen. Die Stimmung ist unaufgeregt. Die Mittagszeit vorbei. Man selbst wird angesteckt von dieser beinahe tranceartigen Atmosphäre, schlendert mit glasigem Blick durch die Regale dieser wirklich formidabel sortierten Buchhandlung. Was es hier alles gibt. Himmel.

Allein schon beim Aufenthalt an diesem heiligen Ort hofft man, ein wenig Intellekt, ein wenig Esprit würden aus den Büchern in die Raumluft auf einen selbst übergehen. Andächtig streift man mit den Fingern über die bunte Edition-Suhrkamp-Wand. Da werden Stimmen lauter.

„Haben wir nicht. Nein, das bestelle ich Ihnen auch nicht. Nein.“ Die klare Stimme gehört dem freundlichen Herrscher über die Bücher, und ich weiß instinktiv, um welches Buch es geht. Gehen muss. Mit gespitzten Ohren lauere ich neben Dietmar Dath und László Darvasi und lausche. Der Kunde nuschelt entrüstet. Der Buchhändler: „Hitler hat auch gemalt. Ich würde mir trotzdem keines seiner Bilder aufhängen.“ Entrüstetes, lauteres, Nuscheln. Der Buchhändler: „Jaja, das ist sein Euro-Buch“ – (Ha! Gewonnen! Ich wusste es!) – „Aber das bekommen Sie von mir nicht. Wohin gehen Sie heute noch?“ Überraschte genuschelte Antwort des Kunden. Der Buchhändler: „Gut. Ich zeichne Ihnen auf, an welchen Buchläden Sie vorbeikommen und wo Sie das Buch bekommen werden. Hier ist das nicht.“

Zurück in Wedding. In der Auslage des einzigen, tristen Buchladens, der direkt neben einem türkischen Gemüsegeschäft liegt: „Deutschland schafft sich ab“ und „Europa braucht den Euro nicht“ neben Necla Keleks „Die fremde Braut“ und „Die verlorenen Söhne“.

KIRSTEN REINHARDT