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Torben Becker sichtet die sozialen Bewegungen der Stadt

Antifaschismus muss als staatliche Kernkompetenz etabliert werden. Konkret: zivilgesellschaftliche Initiativen gegen Rassismus stärken, Neonazis aus den Staatsapparaten werfen, und klare parteipolitische Haltungen gegen Rechtsradikalismus zeigen. Und wieso? Es ist eine Schande, dass zum 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen in zwei Bundesländern Rechtsradikale von jeweils rund einem Viertel der Wählenden in die Parlamente gehievt wurden.

Jetzt besteht die Schwierigkeit aber darin, dass Rechtsradikale und Neonazis nie selbst welche sein wollen. Sie nennen sich dann Patrioten oder Konservative, wie beispielsweise Andreas Kalbitz (AfD) der mehr als nur einen kurzen Flirt zur politischen Weiterbildung mit Neonazis hatte. Was also tun, wenn Neonazis keine Neonazis sein wollen? Einerseits braucht es eine klare Benennung der Feinde der Demokratie. Andererseits müssen die für Rechtsradikale profitablen Verhältnisse bekämpft werden. Das klingt abstrakt, aber schon Max Horkheimer wusste: „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen.“ Deshalb, kapitalistische Ungleichheiten abbauen, Zivilgesellschaft stärken.

Dass die DDR eine solche antifaschistische Kernkompetenz schon für sich beanspruchte, kann nicht als Vorbild dienen. Schon 1950 hatte die SED dekretiert, in der DDR seien „die Wurzeln des Faschismus ausgerottet“. Wie die Ansprüche im Vergleich zur Wirklichkeit der DDR aussah, wird am Freitagabend im Mehringhof unter dem Titel „Die Renaissance autoritären Denkens und Handelns in Ost- und Westdeutschland“ diskutiert. (6. 9., Gneisenau­straße 2 a, 19 Uhr)

Das Bündnis gegen Rassismus zeigt am Wochenende mit einem Festival, wie praktizierter Antirassismus und Antifaschismus aussehen kann. Ziel ist es, Überschneidungen unterschiedlicher Kämpfe gegen Unterdrückung, Rassismus, Sexismus und andere Diskriminierungen sichtbar zu machen. (6.–7. 9., Blücherplatz, 15 Uhr)

Das südliche Neukölln ist schon lange Schauplatz rechtsradikaler Angriffe auf Menschen, die sich gegen Rassismus und Rechtsradikalismus engagieren. Doch viele der Angriffe sind bisher nicht aufgeklärt. Aus diesem Grund fordern Betroffene und Aktivist:innen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Gewicht verleihen sie dieser Forderung am Sonntag bei der Hufeisensiedlung mit einer Kundgebung und anschließendem antifaschistischem Fahrradkorso entlang Orten von Verfolgung und Widerstand 1933–1945. (9. 9., Fritz-Reuter-Allee 46, 11 Uhr)

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