Das war
: Redakteure enttarnen Schwindler

Politiker*innen und das geschriebene Wort, eine nicht immer glückliche Verbindung. In jüngerer bis mittlerer Vergangenheit stolperten einige Mitglieder der Berliner Prominenz über Doktorarbeiten, in denen sie fremde Sätze als eigene Schöpfungen ausgaben. In der Provinz sieht Fälschung anders aus, wie ein Beispiel aus Schwentinental bei Kiel zeigt.

Zwei Lokalgrößen der Grünen, der eine Bürgervorsteher des Ortes, der andere Fraktionschef, haben unter Pseudonamen Leserbriefe geschrieben. Mehrere der Schreiben wurden in den Kieler Nachrichten veröffentlicht, dann kam die Redaktion dem Schwindel auf die Spur.

Kurz nach Bekanntwerden der Fälschungen traten Dennis Mihlan und Andreas Müller von ihren Ämtern zurück. Die beiden verfassten – laut einer zerknirschten Selbstdarstellung – unabhängig voneinander Briefe, in denen sie als scheinbar besorgte Bürger lokale Streitthemen wie das Freibad oder Baumfällaktionen kommentierten. Und ganz zufällig teilten diese erfundenen Personen die Meinung der Grünen-Fraktion im Stadtrat.

„Wann merken die Verantwortlichen, dass wir Bürger uns nicht für dumm verkaufen lassen wollen?“, heißt es in einem der Briefe. Die beiden Grünen merkten das nach der Aufdeckung ihres Fakes selbst ganz schnell, als sich der erwartbare Shitstorm über das Schwentinental ergoss.

Die Kritik stammt von Einwohner*innen, von der eigenen Partei wie auch von der politischen Konkurrenz: „Nie war die Moral so tief gesunken“, befand die SPD. Schließlich kamen auch die beiden Briefeschreiber selbst zu dem messerscharfen Schluss, es sei „Schaden für die Grünen in Stadt und Kreis“ entstanden.

Na so was, wer konnte damit rechnen? Dass Mihlan und Müller wenige Tage nach der Aufdeckung ihren Rücktritt erklärten, begrüßte der Grünen-Ortsverein erleichtert. Und die Moral von der Geschichte? Wer Fake News verbreiten möchte, sollte sie nicht an eine Redaktion schicken. Denn selbst in Zeiten, in denen Printmedien als altmodische Relikte gelten und von Jahr zu Jahr mehr Arbeitsplätze verschwinden, besteht immer noch die Gefahr, dass dort echte Menschen arbeiten, die recherchieren, wenn ihnen etwas seltsam vorkommt. Esther Geißlinger