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Toll, wenn die Musik nach Rausch klingt

Eine Wall of Sound, so dicht, so groß, so mächtig: Die Psychodelik-Recken von The Warlocks traten am Samstag im Privatclub auf

Sie brachten noch drei weitere Platten heraus, unbemerkt und ungehört

Von René Hamann

Man hat sie vergessen, aber sie kommen immer wieder. Nicht nur die Warlocks, die am frühen Samstagabend im Privatclub spielten, sondern überhaupt diese Bands, die psychodelische Rockmusik spielen. In Schleifen, mit Lärmwänden, hypnotisch, nicht von dieser Welt.

Musik, die immer auch nach Rausch klingt, nach Heroin, gespielt von Typen, die auch genauso aussehen: kaputt, geschmirgelt, bleich und dürr. Frauen verlieren sich eher selten in diese Bands – immerhin hatte die Vorband vom Samstag, The Stevenson Ranch Davidians, eine Bassistin dabei, die im Sitzen spielte.

The Warlocks sahen entsprechend verlebt aus. Heroin ist inzwischen passé, aber das hat man auch schon des Öfteren gesagt und gesungen. Die Warlocks sind eine Band der dritten oder vierten Welle dieser Musik. Sie hatten ihre große Zeit, so man das überhaupt sagen kann, am Anfang des Millenniums, als sie – wie die ähnlich vergessenen, aber nicht minder guten Appliance oder Echoboy – auf dem großen Indie-Label Mute veröffentlichen durften, als kalifornische Antwort auf Clinic. „Phoenix“ (2002) und „Surgery“ (2005) hießen die beiden Platten, die mehr verhießen.

Die Warlocks, das machte das Konzert am Samstag sehr schnell klar, konnten viel: klingen wie Velvet Underground, Krautrock, Spacemen 3, ein bisschen (die immer etwas weinerlich-coole Stimme von Bobby Hecksher!) noch wie die Ramones und doch sehr eigene Wände und Ozeane von Geräusch erzeugen.

Sie spielten zahlreiche Stücke dieser beiden Platten, ließen dabei das poppigste, „Baby Blue“, mit Sitareinsatz!, sogar aus. Nach „Surgery“ beschloss Mute, die psychedelische Phase sei vorbei, und ich habe lange gedacht, dass es das auch gewesen war für die Warlocks.

Stattdessen brachten sie aber noch drei weitere Platten auf obskuren Kleinstlabels heraus, unbemerkt und ungehört, und jetzt, 2019, erschien mit „Mean Machine Music“ sogar noch eine vierte Platte. Am Ende könnte das nur more of the same sein, das ist durchaus möglich, weil die Möglichkeiten dieser Musik auch nicht unendlich sind. „More experimental“ sollen sie indes sein, die letzten Platten, glaubt man der Ansage Heck­shers.

Dessen gequälte Stimme vielleicht den einzigen Schwachpunkt der Band darstellt; für größere Opulenz ist sein Stimmumfang zu begrenzt. Dafür sind die Gitarristen da – drei Stück stehen in aller Freundschaft nebeneinander auf der Bühne und tauchen in den von ihnen selbst erzeugten Lärm ein. Älter gewordene Männer, allesamt, bis auf den Bassisten, nicht besonders ansehnlich, und immer auch wie aus einem Modellbaukasten für Rolling-Stone-Lookalikes, aber egal – sie spielen, kreieren eine Wall of Sound, für den Phil Spector damals noch ganze Orchester organisieren musste, dicht, groß, mächtig.

Es gibt immer und immer wieder Bands, die so klingen und so klingen möchten, dafür waren fast überraschend wenig Zuhörer da. Natürlich viele ältere Semester, Menschen, die 2005 gerade noch cool waren und seither in einer nie vergehenden Vergangenheit leben; aber auch einige junge Leute, die wissen wollen, woher The Paper Ornaments oder Seagull ihre Ideen haben.

Sie alle erlebten zusammen einen Abend, der überraschend großartig war, sie alle ließen sich von The Warlocks einmal gründlich durchpusten, wegtragen, überwältigen, bevor es wieder rausging in eine lauwarme Berliner Nacht.

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