KOMMENTAR: ESTHER GEISSLINGER ÜBER SCHÜLERBEFÖRDERUNG
: Die falsche Frage

Hilfe brauchen die Familien, in deren Budget der Fahrschein ein merkbares Loch reißt

Traurig, aber wahr: Kinder sind teuer. Kleidung, Spielsachen, Nachhilfe – nichts ist umsonst. Auch der Schulbesuch verursacht Kosten, für Klassenfahrten, für Bücher oder für den Weg zur Schule. Ist es fair, Eltern zuzumuten, sich daran zu beteiligen? Ja – wenn sie es sich leisten können. Nein, wenn die Buskosten darüber entscheiden, ob ein Kind aus einer finanzschwachen Familie die Schule besuchen darf, an der es möglichst gut gefördert wird.

Dummerweise entschied das schleswig-holsteinische Landesverfassungsgericht nicht über diese Frage. Sondern es ging bei dem Urteil darum, ob das Land den Kreisen vorschreiben darf, einen Teil der Kosten von Dritten einzutreiben. Ja, entschied das Gericht. Nein, befand zwischenzeitlich die Landespolitik, die die unpopuläre Frage der Elternbeteiligung am Monatsticket gern an die Kommunen weiterreicht. Dort steht im kommenden Jahr eine Wahl an, was den Druck auf die reicheren Regionen verstärkt, den Eltern mit Gratis-Angeboten entgegen zu kommen.

Aber Beitragsfreiheit für alle ist weder vernünftig noch gerecht. Denn wer am Stadtrand baut oder aufs Land zieht, weiß in der Regel, dass der Preis für das Leben im Grünen längere Wege sind. Und, dass Wege Zeit und Geld kosten. Hilfe brauchen die Familien, in deren Budget der Fahrschein ein merkbares Loch reißt. Und zwar unabhängig davon, ob sie in einem armen oder reichen Kreis leben.

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