Kommentar von Marco Carini über den Flugneid der CDU
: Doppelte Doppelmoral

Der Vorwurf der Doppelmoral fällt auf Hamburgs CDU-Fraktionschef André Trepoll zurück

Christdemokratisch ist das neue Grün. Seit die Grünen mit der CDU in allen Länderumfragen gleichauf liegen, oder sie wie in Hamburg längst überholt haben, versucht die CDU mit Klima & Co zu punkten. Nun hat Fraktionschef André Trepoll abgefragt, wie oft sich Hamburgs Regierende dienstlich in den Flieger setzen. Und siehe da: Die grüne Wissenschaftsstaatssekretärin, Eva Gümbel, stieg am öftesten in die fliegenden Klimakiller, statt innerdeutsche Strecken umweltfreundlich per Bahn zu bewältigen. Für Trepoll die Gelegenheit, nun die ganze „Wasser predigen, Wein trinken“- Rhetorik an den Start zu bringen und dem Senat und vor allem seinen grünen Mitgliedern, eine perfide Doppelmoral vorzuwerfen.

Trepoll legt damit einen Finger in die Wunde: Seit Jahren steigt – Klimaschutz hin, Flugscham her – die Zahl der Dienstreisen der StaatsrätInnen und ChefInnen öffentlicher Unternehmen kontinuierlich. Dass die Grüne Gümbel die Liste anführt, Umweltsenator Jens Kerstan dafür bekannt ist, häufig nach Mallorca zu jetten und Vizebürgermeisterin Katharina Fegebank gern von den Fahrten im Ferrari ihres Freundes schwärmt, sind Belege dafür, dass manche Grüne beim Thema Umweltbewusstsein noch nicht ganz so weit sind, wie man von ihnen erwarten darf.

Doch der Vorwurf der Doppelmoral fällt auf Trepoll zurück. Denn dass nur Sozis und Grüne auf der Liste der Schamlos-FliegerInnen sind, liegt allein daran, dass die CDU im Senat nicht mitspielen und mitfliegen darf. Dafür, dass VertreterInnen von Landesregierungen, in denen die CDU vertreten ist, weniger fliegen, gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt. Flugneid statt Flugscham also bei Trepoll?

Seine Attacke erinnert an die vielen Hetzschriften alter Männer in den Redaktionen, die offenbar erigieren, wenn sie unter Greta Thunbergs Bahn-Proviant eine Plastikverpackung und damit den Beweis der grenzenlosen Heuchelei der 16-Jährigen entdecken. Und: Die Anfrage, mit deren Ergebnissen er den politischen Gegner diskreditiert, hat Trepoll einer Berliner AfD-Anfrage nachempfunden. Klimaschutz braucht aktive Politik, keinen billigen Populismus.