Kein Grund zur Eile

Drei Monate nach dem Brand sind die Aufräumarbeiten in Paris schon weit vorangeschritten, aber gerettet ist Notre-Dame noch nicht. Das Mauerwerk könnte noch immer einstürzen. Die Eile aber, mit der Präsident Emmanuel Macron über ein gerade verabschiedetes Notstandsgesetz den Wiederaufbau der Kirche durchsetzen will, ist für die Instandsetzung des Bauwerks gar nicht hilfreich.

Schon die Feststellung der Schäden und die Sicherung des Gebäudes brauchen viel Zeit. Dabei soll die Kathedrale aus dem 12. und 13. Jahrhundert in der Rekordzeit von fünf Jahren „schöner denn je“, wie es von Seiten der französischen Regierung heißt, wiedererstehen.

Der Kunsthistoriker und Professor an der Sorbonne-Universität, Alexandre Gady, hat gegen diese Frist Einspruch erhoben. In einem offenen Brief, den mehr als tausend Experten weltweit unterzeichnet haben.

Aber eilig hat es nicht nur der Präsident. Eilig haben es auch die Architekten. Wenige Tage nach dem Brand trat Jean-Michel Wilmotte mit der Idee eines Stahl-Titan-Dachs an die Öffentlichkeit. Und Norman Foster wünscht sich ein Glasdach mit einer Kristallnadel anstelle der verbrannten „flèche“. Und Ulf Mejergren plädiert anstelle des Daches für einen kreuzförmigen Swimmingpool.

Das Architekturbüro Gensler immerhin hat sich daran erinnert, dass in der Notre-Dame bis zum 15. April noch Gottesdienste abgehalten wurden. Es legt den Entwurf einer temporären Kirche vor, die es wieder erlauben würde, die Messe zu feiern.

Gar nicht eilig haben es nach Berichten verschiedener Medien hingegen die großzügigen Spender. als die sich François-Henri Pinault, Chef des Luxuskonzerns Kering, und Bernard Arnault, Großaktionär die LVMH-Gruppe, gleich nach dem Brand sehr öffentlichkeitswirksam inszeniert ­hatten. Von ihren insgesamt 300 Millionen Euro ist ­offenbar nichts zu sehen. Die bislang eingegangenen 38 Millionen kamen aus der Be­völkerung. Spannend könnte es am 18. September in Paris werden. Da wollen inter­nationale Experten in ­Paris zusammenkommen, um sich über die Zukunft von ­Notre-Dame auszutauschen. (wbg)