Bundeswehr feuert weiter

Die Bundeswehr will erneut Schießübungen in einem sehr gefährdeten Gebiet durchführen. Im vergangenen Jahr brannte aufgrund einer Rakete wochenlang das Moor bei Meppen

Vom All aus zu sehen: Rauchfahne über dem Moor in Meppen Foto: Stephan Konjer/dpa

Von Simone Schmollack

Auf dem Waffentestgelände in Meppen im Emsland soll es ab August wieder Schieß- und Sprengübungen geben. Das teilt die Bundeswehr auf taz-Anfrage mit. „Grundsätzlich sind in diesem Jahr Waffen- und Munitionstests im niedersächsischen Meppen sowie in Eckernförde in Schleswig-Holstein geplant“, sagt Michael Seidel vom Presse- und Informationszentrum der Bundeswehr in Koblenz.

Geplant seien 144 Tests in den kommenden Monaten, auf Flächen, die geeignet seien für Schieß- und Sprengübungen. Derzeit würden „Feuerstellen, Sprengplätze und Zielgebiete auf dem Gelände, die für Versuche vorgesehen sind, auf die Brandgefahr hin bewertet“, versichert Seidel. Moore sollen von den Waffen- und Sprengtests ausgenommen sein. Im vergangenen Sommer war es nach solchen Übungen zu wochenlangen Moorbränden in Meppen gekommen.

Trotzdem sorgt der Plan der Bundeswehr für Unmut. „Im Hinblick auf die aktuelle Hitzewelle sind diese neuen Munitionstests im wahrsten Sinne des Wortes ein Spiel mit dem Feuer!“, sagt Heidi Reichinnek, Linken-Chefin in Niedersachsen. Zudem sei „bis heute ist nicht geklärt, welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, um im Falle erneuter Waffentests eine erneute Katastrophe zu verhindern“, so Reichinnek weiter.

Auch die Grünen kritisieren die geplanten Übungen. Christian Meyer, Fraktionsvize und naturschutzpolitischer Sprecher der niedersächsischen Grünen, hält sie für „völlig verantwortungslos“. „Die Bundeswehr hat den Schuss nicht gehört“, sagt er. Die Trockenheit und die Wald- und Moorbrandgefahr seien einfach zu hoch. Derzeit besteht in Niedersachsen die bundesweit höchste Waldbrandgefahr. Am vergangenen, sehr heißen Wochenende erreichte sie nach Angaben des Innenministeriums in Hannover die maximale Stufe fünf.

Warum führt die Bundeswehr überhaupt in einer Zeit größter Trockenheit Schießübungen und Waffentests durch? Die ausgedörrten Moore können sich durch solche Übungen leicht entzünden – wie die Erfahrung zeigt.Im vergangenen Jahr brannte von September bis Anfang Oktober ein Moor im Emsland in Niedersachsen, ausgelöst durch Raketentests am 3. September auf einem Testgelände in Meppen.

Das Feuer breitete sich rasch auf 1.200 Hektar aus. Der Rauch zog Hunderte Kilometer weit, die Menschen litten unter Atembeschwerden. Insgesamt gingen 296 Schadensmeldungen von Anwohner*innen ein. Zwei Dörfern drohte die Evakuierung. Über 1.000 Löschkräfte waren im Einsatz, darunter zahlreiche zivile Helfer*innen. Der Brand war sogar aus dem All zu sehen. Ein Satellitenbild, das damals die Deutsche Presseagentur veröffentlichte, zeigte weiße Streifen als Rauchentwicklung.

„Im Hinblick auf die aktuelle Hitzewelle sind die neuen Munitionstests ein Spiel mit dem Feuer“

Heidi Reichinnek, Die Linke Niedersachsen

Die Löscharbeiten mussten immer wieder unterbrochen und wurden erschwert, weil in dem Moor alte Munition liegen soll. Die Feuerwehrkräfte konnten also das Gelände selbst nicht betreten. Das Gelände wird bereits seit 1876 als Testgelände für Waffen und Munition genutzt.

Der Grüne Meyer hat im vergangenen Jahr einen Strafantrag gegen die Bundeswehr wegen fahrlässiger Brandstiftung gestellt. Umweltminister Olaf Lies (SPD) sagte seinerzeit: „Wenn jetzt auch noch klar ist, dass das Löschfahrzeug nicht einsatzfähig war, dann ist es mehr als fahrlässig.“ Durch das Feuer wurden Expert*innen zufolge rund 500.000 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid in die Luft gejagt.

Nach Meyers Strafanzeige durchsuchte die Staatsanwaltschaft Osnabrück das Gelände der Bundeswehr und beschlagnahmte Unterlagen. Da sich die Ermittlungen nicht gegen die Institution Bundeswehr richten können, sondern nur gegen einzelne Beteiligte, stehen zahlreiche zuständige Personen im Licht der Ermittlungen. Dazu gehören der Hubschrauberpilot, der die Raketen abgefeuert hatte, seine unmittelbaren Vorgesetzten sowie die damalige CDU-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.