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: Fieberschub bei Calcio Hamburgo

Der Hamburger SV gibt sich italienisch, weswegen die kühlen Hansestädter schier aus dem Häuschen sind

Italien ist dem gemeinen Hamburger nicht fern – wenn er denn HSV-Fan ist. Mit Regionen südlich der Elbe haben die Hansestädter ansonsten ihre Schwierigkeiten. Nicht von ungefähr rappen die Beginner „Im Süden von der Elbe, ist das Leben nicht dasselbe“. Dass Italien mitten im Zentrum und Herzen der Hamburger ist, liegt nicht an den schicken italienischen Restaurants der Stadt, sondern am HSV.

Genauer gesagt, liegt es an der sportlichen Leitung des HSV. Trainer Thomas Doll, geboren nördlich der Elbe in Malchin, wagte als Spieler den Gang südlich der Alpen zu Lazio Rom und zum AS Bari. Nun arbeitet Doll mit Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer zusammen, ebenfalls italophil. Es grassiert die italienische Fußballgrippe in Hamburg. Neun gewonnene Pflichtspiele im UI-Cup und der Bundesliga schlagen bereits zu Buche. Keeper Wächter musste 689 Minuten nicht mehr hinter sich greifen.

Kontrollierte Offensive heißt Dolls Motto, eines Trainers, der seinen Spielstil gern mit Juventus Turin vergleicht. „Wir wissen, dass wir vorne immer unser Tor machen können“, erklärt derweil Sergej Barbarez nach dem 2:0-Erfolg in Bielefeld. Spieler wie der vormalige Mittelfeldspieler, der nun endlich stürmen darf, scheinen aufzublühen, seitdem sich der HSV Spieler wie Rafael van der Vaart leistet.

Dafür, dass der Glamourfaktor auch außerhalb des Spielfelds stimmt, sorgt Sylvie, der neue Prototyp in Sachen Spielerfrau. Die Heirat zwischen der ehemaligen MTV-Moderatorin und van der Vaart trieb in den Lokalblättern ähnlich absurde Blüten wie die Selbstinszenierung Sarah Connors. Immerhin erhöht das den Girlie-Faktor im Stadion und den Ehrgeiz eines Barbarez, sich von van der Vaart nicht den Status des Boulevard-Players wegnehmen zu lassen – weshalb er in den vergangenen zehn Tagen mit vier Toren und einem Platzverweis begeisterte. Dass sich beide Glamourkicker nach dem Sieg in Bielefeld auf den Stadionzaun schwangen, führte bei vielen HSV-Groupies sowohl zu Nervenzusammenbrüchen als auch zu Computerabstürzen. Denn die Videos, die von der hautnahen Feier mit den HSV-Fans gemacht wurden, stehen zum Download im Forum bereit.

Ach ja, 55.000 Zuschauer kamen, um das Hinspiel des UI-Cup-Finals gegen den FC Valencia zu sehen. Der Flieger zum Rückspiel war nach drei Tagen ausverkauft. Zeilen wie „Hamburg ganz DOLL in den HSV verliebt“ werden verfasst, und ausnahmsweise gibt es wenig Anzeichen dafür, dass sich der Fieberwahn in dieser Saison heilen ließe. Eine Umbenennung in Calcio Hamburgo steht indes noch aus.

OKE GÖTTLICH