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: Großbritannien und Iran verschärfen ihren Streit

London plant neue Strafmaßnahmen gegen Iran. Teheran will einen US-Spionagering zerschlagen haben. Eine Lösung im britisch-iranischen Tankerkrieg ist nicht in Sicht

Das Neue

Großbritannien plant zusätzliche Strafmaßnahmen gegen Iran nach der Festsetzung des britischen Öltankers „Stena Impero“ im Persischen Golf am Freitag. Außenminister Jeremy Hunt wollte am Spätnachmittag das Unterhaus über geplante Maßnahmen informieren, einschließlich Beschlagnahmung iranischen Besitzes in Großbritannien. Premierministerin Theresa May leitete zuvor entsprechende Krisensitzungen des Sicherheitskabinetts. Finanzminister Philip Hammond sagte der BBC, die Regierung prüfe „alle Optionen“. Ein Sprecher Mays sagte am Montag nach der Dringlichkeitssitzung des Sicherheitskabinetts, die „Stena Impero“ „wurde unter falschen und illegalen Vorwänden beschlagnahmt und die Iraner sollten sie umgehend mit ihrer Besatzung freigeben“.

Der Kontext

Am Freitag hatte ein Kommando der iranischen Revolutionsgarden in der Meerenge von Hormus die „Stena Impero“ besetzt und die Besatzung festgesetzt. Das Schiff wird jetzt vor der iranischen Küste festgehalten. Laut dem Iran hatte der Tanker zuvor ein iranisches Fischerboot gerammt. Großbritannien bestreitet dies und vermutet einen Vergeltungsakt für die Festsetzung des mit iranischem Erdöl beladenen Tankers „Grace 1“ vor Gibraltar am 4. Juli unter dem Verdacht, dass er Öl im Verstoß gegen EU-Sanktionen nach Syrien bringen wollte. Die iranische Aktion erfolgte am Freitag wenige Stunden nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts von Gibraltar, die Festsetzung der „Grace 1“ um 30 Tage zu verlängern.

Besonders heikel ist das alles, weil Großbritannien kurz vor einem Regierungswechsel steht. Am Dienstag wird bekannt gegeben, wen die ­Parteibasis der regierenden Konservativen zum Nachfolger Theresa Mays als Parteichef und Premierminister gewählt hat. Der Nachfolger – entweder ­Außenminister Hunt oder sein Rivale Boris Johnson – übernimmt am Mittwoch sein Amt und wird auch die ­Regierung umbilden, was die Irankrise in London in den Hintergrund drängt.

Die Reaktionen

Die bisherigen Maßnahmen der britischen Regierung gehen manchen nicht weit genug. Die britische Handelsschifffahrt fordert die Entsendung der britischen Marine, um Öltanker in der Meerenge von Hormus zu schützen. Dies lehnt die Regierung in London ab. Ein Sprecher von Premierministerin May sagte, angesichts der Vielzahl der Schiffe in der Seestraße von Hormus sei es „unmöglich, Schiffe einzeln zu eskortieren“. Kritiker verweisen auf die Verkleinerung der britischen Marinekapazitäten im Rahmen der Sparpolitik der konservativen Regierungen des vergangenen Jahrzehnts.

Die Konsequenz

Iran ist zuversichtlich, dass Großbritannien nicht mit militärischen Mitteln gegen die Beschlagnahmung des Tankers vorgehen wird, und wird sich jetzt verschärft als Opfer von US-Präsident Donald Trump und dessen Verbündeten – zu denen Boris Johnson gezählt wird – darstellen.

Die nächste Front hat Iran bereits eröffnet. In einer höchst unüblichen Pressekonferenz am Montag enthüllte ein Direktor der iranischen Spionageabwehr die Verhaftung 17 angeblicher Spione des US-Geheimdienstes CIA in den vergangenen Monaten. Einige von ihnen seien bereits zum Tode ver­urteilt worden, andere hätten sich wieder auf die iranische Seite geschlagen und arbeiteten nun „gegen die USA“. Es handele sich um iranische Staatsbürger, die an „sensiblen Stellen“ der Streitkräfte und atomarer Einrichtungen gearbeitet hätten. Dominic Johnson (mit afp, dpa, rtr)