wortwechsel
: „Den Lebensort lebenswert machen“

Umweltschutz braucht öffentliche Steuerung: kostenlosen Nahverkehr, günstigen Bahn-Fernverkehr. Ob wir das noch erleben werden? Ob die sich grün wendende CSU dabei hilft?

#läuftnochnicht in Berlin: das 365-Euro-Jahresticket Foto: Sebastian Wells/Ostkreuz

Bonn versagt beim ÖPNV

„Für einen Euro quer durch die Stadt“, taz vom 20./21. 7. 19

Da ich seit Jahrzehnten bekennende Umweltschützerin bin, bin ich auch eine Kämpferin für einen bezahlbaren und gut nutzbaren ÖPNV. Deshalb hatte ich mit Freude zur Kenntnis genommen, dass Bonn eine der fünf Modellstädte ist, die Fördergelder für das ÖPNV-Angebot bekommt. Ein jährliches Ticket für 365,04 Euro. Davon träume ich, seit ich mich für ein für alle bezahlbares Ticket für einen Jahresbeitrag von 1 Euro pro Tag für das Netz einsetze. Toll – dachte ich.

Sie schreiben, dass das allein nicht reicht, sondern ein kongruentes Modell erforderlich ist. Ja, das wünsche ich mir auch sehr. Davon ist Bonn weit entfernt – und streicht trotzdem die Fördergelder ein: Denn das Jahresticket gilt nur für Menschen, die neu in den ÖPNV einsteigen! Und so wird in Bonn weiterhin auch Individualverkehr unterstützt: E-Roller und Parkplätze. Bäume werden zur Verbreiterung von Straßen für einen besseren Autofluss gefällt, die Radwege sind mehr als reparaturbedürftig und auch gefährlich. Grüne Welle für Radverkehr – Fehlanzeige. Ja, ich bin entrüstet, wenn ich lese, womit sich die Stadt schmückt. Ich wünsche mir: das 365,04-Euro-Ticket für alle BürgerInnen, insbesondere für die, die sich für Klimaschutz einsetzen, die ihn täglich praktizieren, die dazu motivieren.

Es ist anders – auch ohne Modellprojekt – möglich: Luxemburg, die kleine Stadt Monheim, die ihren BürgerInnen einen kostenlosen ÖPNV ermöglichen (wollen). Es macht sich bezahlt, nicht nur monetär, auch in der Zufriedenheit der Menschen, die damit ihren Lebensort lebenswert ­machen. Karin Schüler, Bonn

Aus dem CSU-Sortiment

„Söder jetzt noch grüner!“, taz vom 30. 7. 19

Gefühlt waren die letzten bundesdeutschen Verkehrsminister der letzten 100 Jahre alle von der CSU. Nun hat sich aber aus dem gleichen Sortiment jemand herausgeschält, der (ohne zu blinken) „unseren“ BundesverkehrTsminister auf dem „Grünstreifen“ überholt. Außerdem fordert er „zum Wohle aller“ (Amtseid!) die Abschaffung der Mehrwertsteuer bei Bahnfahrten. Und dann auch noch den Kohleausstieg vorziehen. Da kann ja jeder aus dem Wald kommen und sagen: „Ich bin der Förster!“ Ich fordere hiermit unmissverständlich die Herren Dobrindt/Scheuer auf, hinsichtlich Arbeitsplätzen und so weiter eine Antwort zu formulieren! Mit industriefreundlichen Grüßen Johannes Haschke, Flensburg

Gibt es das überhaupt?

Von Opportunisten lernen“, taz vom 3. 8. 19

Die CDU ist nur deshalb so erfolgreich, weil sie sich an der CSU orientiert. Ohne ihre Schwesterpartei wäre sie rein gar nichts! Und die Kirchennummer ist eine sichere Alternative für die meisten Menschen, die gegen Krieg, Folter, aber für den Erfolg und für Sicherheit sind. Dass viele CDU-Wähler in unseriöse Machenschaften verstrickt sind, das weiß die Kirchenpartei gut zu verstecken, indem sie das kriminelle Potenzial ihrer Wähler einfach ignoriert. Was also soll es bedeuten, moderner Konservatismus? Gibt es so was überhaupt? Kirchen boten schon immer beides: Anlass für Revolution und konservative Ansichten. Gilt Jesu nicht als revolutionär? Und er ist eine gute Alternative zu Soldaten, Folterern und Ausbeutern/Ausbeuterinnen. Menschen mit einem sozialen Gewissen agieren weltweit, im Gegensatz zur Politik.

Claudia Großklaus, Hattingen

Bequem im 6er-Abteil

„Der Albtraum jeder klimabewussten Familie“, taz vom 19. 7. 19

Ich bekomme nostalgisch-wehmütige Erinnerungen an meine Bahnreisen als Kind in den 70er Jahren: Fast jedes Mal, wenn ich nach den Ferien meine Klassenkamerad*innen wiedergetroffen habe, durfte ich mir frustrierte Erzählungen von stundenlangem Stehen im Stau auf der Autobahn anhören. Und den Satz „Du hast es gut, du bist mit der Bahn gefahren!“ habe ich auch noch in den Ohren.

Meine Eltern hatten kein Auto, also war es für mich und meine kleine Schwester normal, mit der Bahn in den Urlaub zu fahren, und das war schön! Als Kind stolz im Speisewagen zu sitzen und gleichzeitig die vorbeifliegenden Landschaften zu betrachten oder den Fahrtwind in den Haaren zu spüren. Denn damals ließen sich die Fenster noch öffnen! Oder auch das 6er-Abteil: kkeine unbequem-ergonomisch verformten Designersitze, stattdessen hässliche, ochsenblutfarbene Kunstledersitze, aber sie ließen sich mit wenigen Griffen teilweise oder komplett in eine einzige Fläche, also Spielwiese verwandeln. So haben wir manche Stunde im Schneidersitz gesessen und Karten gespielt und gelesen oder gepennt, vom Rattern des Zuges in die Träume begleitet.

Bleibt zu hoffen, dass in Zukunft die Bahn nicht nur daran interessiert ist, für Geschäftsleute eine „attraktive“ Alternative zum Flugzeug zu bieten, sondern in erster Linie eine bequeme Reisemöglichkeit für alle Menschen – ob mit Kindern und Haustieren oder ohne – , bezahlbar und mit freundlichem Mitarbeitenden. Noa Backes, Berlin

Die Mason-Dixon-Line

„In der Comeback-Stadt“, taz vom 3./4. 8. 19

Vielen Dank für die Dokumentation der Stimmen aus Baltimore. Eine kleine Korrektur sei mir erlaubt: „Offiziell“ gehörte Baltimore, Maryland, nie zum Norden der USA, es liegt südlich der Mason-Dixon-Line, die für viele Jahrzehnte die Grenze zwischen den Südstaaten, in denen es Sklaverei gab, einerseits und den Nordstaaten, in denen die Sklaverei inzwischen verboten war, andererseits bildete. Maryland, und damit Baltimore, war nicht nur „eng mit der Sklaverei verknüpft“, sondern diese war hier, wie im Rest des Südens, eine legale Institution. Wenn man nur Sezession und Bürgerkrieg betrachtet, dann erscheinen einem die sklavenhaltenden Staaten des „Border South“, die sich nicht der Konföderation angeschlossen hatten (außer Maryland noch Delaware, Kentucky, Missouri sowie der Sonderfall West Virginia), als Nordstaaten. Dies ist aber, außer für Missouri, das aus geografischen und kulturellen Gründen zum Mittelwesten gerechnet wird, nicht korrekt. Über einen eventuellen Südstaatencharakter von Washington, D. C. gehen die Meinungen auseinander. Aber auch hier – weit südlich der Mason-Dixon-Line – wurden vor dem Bürgerkrieg Menschen als Sklaven gehalten. Das United States Census Bureau zählt übrigens auch Oklahoma, das frühere „Indian Territory“, zum Süden. Und auch unter den Ureinwohnern gab es Sklavenhalter. Volker Scheunert, Hamburg

Perversion des Denkens

„Ärger schaffen mit schönen neuen ­Waffen“, taz vom 2. 8. 19

Wenn das Waffengeschäft stagniert, dann muss man Waffen verbrauchen (Kriege) oder/und neue Waffen entwickeln. Es ist das beste Geschäft mit dem Angstmachen als Grundlage. Die Regierungen folgen brav dem Wahnsinn, sonst wird mit Arbeitsplatzabbau gedroht. Mit einem Bruchteil der Geldverschwendung für Rüstung könnte man den Hunger und die Armut in der Welt beseitigen. Egon Bahr sagte 1977 passend dazu: Die Entwicklung von Waffen ist eine Perversion menschlichen Denkens. Volker Freiesleben, Köln