Preise für Kaffee steigen wieder

Hiesige Importeure und Hersteller in Entwicklungsländern dürfen sich freuen: Nach jahrelanger Talfahrt wird der Rohstoff endlich teurer. Dies liegt vor allem an Spekulanten

HAMBURG taz ■ Drei bis vier Tassen Kaffee trinkt jeder Bundesbürger pro Tag. Das wird immer mehr zu einem teuren Vergnügen: Die Preise für das Lieblingsgetränk der Deutschen steigen.

Dabei haben wir uns doch an Billigstpreise für das dunkle Lebenselixier längst gewöhnt. Seit 1997 kannten die Kaffeepreise nur eine Richtung – nach unten. Musste man früher schon mal 12 bis 14 Mark, also 6 bis 7 Euro, für ein Pfund Markenkaffee hinblättern, waren zuletzt Preise unter 3 Euro gang und gäbe. Inzwischen liegt der Durchschnittspreis wieder bei 4,50 Euro.

Bis Ende vergangenen Jahres war der Rohkaffee-Index des Weltverbandes ICO seit 1997 von 185 US-Dollar auf nur noch rund 60 Dollar gefallen. Dieser historische Preisverfall hat zwei Gründe. Zum einen drängte Vietnam mit Regierungsmacht auf den Weltmarkt und ist nun weltweit schon der zweitgrößte Lieferant. Dadurch entstand ein Überangebot, das die Preise zum Leidwesen der Bauern und Erzeugerländer drückt. Zweitens kommen die einzelnen Kaffeebauern unorganisiert daher, und im Unterschied zu den meisten anderen Rohstoffen existiert keine Organisation à la OPEC, die über Absprachen einen Preisverfall stoppen könnte.

Der Preissturz ärgert selbst die deutsche Kaffeeindustrie, die von den Agenten über die Lagerhalter bis hin zu den Kaffeeröstern reicht. Von Letzteren gibt es neben Branchenführer Tchibo immerhin noch 55 weitere im Lande. Zwar freuen sich die mit Vorliebe in der Hafenstadt Hamburg ansässigen Kaffeegiganten über billige Einkaufspreise. Doch der Kampf der Discounter hat die Industrie gezwungen, ihre Preisvorteile kostenlos weiterzugeben, und das ging unterm Strich natürlich zu Lasten der Gewinne.

Ähnlich schwach sieht die Einnahmeseite in den Anbauländern aus. Die Deviseneinnahmen der drei Riesen Brasilien, Vietnam, Kolumbien sowie der kleineren Kaffeeexportländer halbierten sich im zurückliegenden Jahrzehnt auf nur noch 6 Milliarden Dollar.

In diesem Jahr ist nun Schluss mit billig. Die hierzulande üblicherweise gerösteten hochwertigen „Other Mild Arabicas“ – kurz Arabica – verdoppelten ihren Preis auf rund 120 Dollar. Dieser Preisboom überrascht eigentlich, weil bislang noch kein Mangel an Nachschub zu spüren war. Die globale Ernte legte im vergangenen Jahr sogar deutlich zu. „Produktion und Nachfrage sind fast ausgeglichen“, sagt Winfried Tigges, Geschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes in Hamburg.

In diesem Jahr erwartet man allerdings eine kleinere Ernte. „Die Schere zwischen Weltproduktion und -nachfrage wird voraussichtlich auseinander gehen“, befürchtet Tigges. Zurzeit wird der Rohstoff vor allem auf Grund des schlechten Wetters in Brasilien wieder knapper.

Das wiederum freut die Spekulanten: Nun ist die Zeit für Warentermingeschäfte gekommen. „Investmentgesellschaften und Fonds haben den Kaffee als Spekulationsobjekt wieder entdeckt“, schimpft Verbandsboss Tigges. Dazu kaufen die Investoren vor allem in Brasilien oder Vietnam Anrechte auf Rohkaffee und hoffen dann in ihren Büros in London, New York oder Frankfurt, dass die Preise kräftig anziehen, um ihre Wertpapiere an einer der internationalen Kaffeebörsen wieder zu verkaufen.

Derweil lagern die realen Bohnen weiter in den Herkunftsländern und halten den Markt künstlich knapp. Noch vor wenigen Jahren sollen nur 15 Prozent der Welternte von Spekulanten gehandelt worden sein, heute sind es etwa 40 Prozent. Und in diesem Jahr scheint deren Rechnung endlich aufzugehen. Die spekulativen Wertpapiere für Kaffee zeigen, nach Öl und Sojabohnen, den schnellsten Kursanstieg unter den Rohstoffen, meldet die Großbank ABN-Amro.

Die hiesige Kaffeebranche nimmt solche Meldungen trotzdem dankbar auf, um endlich den Preistrend nach unten zu brechen. Aber neben den internationalen Spekulanten und der deutschen Kaffeewirtschaft könnte es noch einen dritten Sieger des schwarzen Preisanstiegs geben: den fair gehandelten Kaffee. Normale Markenkaffees im Supermarkt nähern sich rasant dem Preis der Transfair-Kaffees an. Der liegt seit langem bei rund 5 Euro. Fairer Kaffee wird nicht an den Börsen gehandelt.HERMANNUS PFEIFFER