Der Denunzierte

Ohne Kurt Elvers wäre die Existenz der 1934 gegründeten „Nordischen Kunsthochschule“ (NKH) in Bremen bis heute weitgehend vergessen. Das wäre bedauerlich: Denn aus der NKH ist nach dem Krieg die hoch renommierte Hochschule für Künste geworden, die sich ihres Ursprungs jahrzehntelang nicht bewusst war. Dabei sollte man es doch wissen, wenn die eigenen Gründungsstatuten verlangen, einen neuen, „rassisch beseelten“ Kunstbegriff zu schaffen.

Kurt Elvers gehörte zu denjenigen, die im neuen „nordischen Geist“ erzogen werden sollten. Er war vom Frontdienst freigestellt, um an der NKH Malerei zu studieren. Sehr begabt sei er, sagten seine Lehrer. Aber auch unvorsichtig: „Schade, dass es nicht geklappt hat“, soll er nach dem Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 gesagt haben. Mehrere MitstudentInnen denunzierten ihn, am 20. Februar 1945 wurde Elvers in Hamburg-Höltigbaum hingerichtet. Diesen Sonntag wird ein Gedenkstein für ihn eingeweiht.

Warum so spät? Ohne Hans Hesse wäre auch Elvers nach wie vor vergessen. Der Historiker stieß bei seinen Recherchen über die Entnazifizierung in Bremen auf den Fall Elvers, über diese Akten wiederum auf Material zur NKH. Sie war die reichsweit einzige Neugründung einer Kunsthochschule im Dritten Reich, blieb in ihrer künstlerischen Praxis jedoch provinziell.

Elvers’ eigene Kunst ist ebenso unbekannt wie sein Aussehen. Auch ein aktueller Bevölkerungs-Aufruf in den Hamburger Medien förderte kein Foto zu Tage.

Elvers’ Eltern, fand Hesse heraus, engagierten sich lange dafür, dass wenigstens Elvers’ Hauptdenunziant zur Rechenschaft gezogen würde – ohne Erfolg. Um den Leichnam ihres Sohnes nicht den Nazis zu überlassen, ließen sie ihn 1946 aus dem NS-Soldatengrab exhumieren, seither liegt er im Familiengrab. Doch nun ist dessen Ruhezeit abgelaufen. Die Willi-Bredel-Gesellschaft widmet ihm deswegen einen Stein auf dem antifaschistischen Ehrenfeld: Elvers dritte „Station“ auf dem Hamburg-Ohlsdorfer Friedhof.  HB