UN verurteilen Blutbad nicht

UN-Sicherheitsrat findet keine gemeinsame Position zum Luftangriff auf ein Migrantenlager bei der libyschen Hauptstadt Tripolis. Die Opferzahl steigt weiter. UN-Generalsekretär fordert Untersuchung

Der UN-Sicherheitsrat hat sich nicht auf eine Verurteilung des Luftangriffs auf ein Internierungslager für Migranten am Rand der libyschen Hauptstadt Tripolis einigen können. Die USA hätten bei einer Dringlichkeitssitzung am Mittwoch eine von Großbritannien vorgeschlagene gemeinsame Erklärung verhindert, mit der der Vorfall von der Nacht zum Mittwoch verurteilt und eine Feuerpause gefordert worden wäre, hieß es aus Diplomatenkreisen. Es habe dafür kein grünes Licht aus Washington gegeben. Alle Ratsmitglieder hatten zuvor in ihren Redebeiträgen den Angriff verurteilt.

Diplomaten sagten, die US-Regierung von Donald Trump lehne es ab, dass der UN-Sicherheitsrat Beschlüsse zum Nachteil des libyschen Generals Chalifa Haftar fälle. Haftar bekämpft die international anerkannte, aber auf Milizen angewiesene Regierung in Libyens Hauptstadt Tripolis und wird dabei unter anderem von arabischen Staaten unterstützt. Seine Offensive auf Tripolis war zuletzt ins Stocken geraten, worauf er mit verstärkten Luftangriffen reagiert hatte.

Beim Angriff auf das Internierungslager in Tajoura nahe Tripolis waren nach neuesten Angaben von UN-Generalsekretär Antiónio Guterres 53 Menschen getötet und mehrere hundert verletzt worden. Guterres fordere eine unabhängige Untersuchung. Sein Sprecher Stéphane Dujarric betonte, dass die UN den Konfliktparteien die exakten Koordinaten des Lagers übermittelt hätten. Er schloss auf Nachfrage nicht aus, dass es sich bei dem Angriff um ein Kriegsverbrechen handeln könnte.

Insgesamt 616 Menschen lebten in dem Lager, in dem Migranten festgehalten werden. Die amtierende US-Botschafterin bei der UNO, Rosemary DiCarlo, berichtete dem Sicherheitsrat, etwa 200 Migranten und Flüchtlinge aus dem Lager warteten auf einem offenen Feld darauf, in eine sicherere Unterkunft gebracht zu werden. DiCarlo sagte, libysche Behörden hätten Migranten weiterhin in das Lager gebracht, obwohl Menschenrechtsorganisationen wiederholt auf das Risiko hingewiesen hatten, im Konflikt ins Kreuzfeuer zu kommen. Nach UN-Informationen vom Donnerstag schossen libysche Wachleute sogar auf Migranten, die vor dem Luftangriff zu fliehen versuchten.

Haftars Libysche Nationale Armee (LNA) wies die Verantwortung für das Massaker ­zurück und beschuldigte ihrerseits Regierungstruppen. Seit April wurden bei den Kämpfen um Tripolis mehr als 700 ­Menschen getötet.

(dpa, afp, ap, rtr)