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Die Dame am Grill

ENDE Der Vorstandsvorsitzende von Gruner + Jahr, Bernd Buchholz, geht. Dafür kommt Julia Jäkel

Hat die Neue den Befehl, die Verlustbringer abzuschalten?

Will man darin einen Zusammenhang sehen? An dem Tag, an dem Gruner + Jahr (G+J) mit einer gewundenen Erklärung die Wiederauferstehung von „professionellen Models“ in seinem Frauenflaggschiff Brigitte bestätigte, kommt auch sie an Deck: Julia Jäkel, G+J-Geschöpf durch und durch, übernimmt im Vorstand der Bertelsmann-Tochter die Position des ersten Steuermanns Bernd Buchholz. Den hatten die Konzernlenker aus Gütersloh vor ein paar Wochen mittels gezielter Desavouierung in die Umlaufbahn geschossen, weshalb der smarte Selbstvermarkter Ende August plötzlich als Bertelsmann-Vorstand hinschmiss. Jetzt ist auch noch der G+J-Chefposten passé, was wohl aber nur noch eine Frage der Abfindung war.

Denn die Zahlen bei Europas größten Zeitschriftenverlag mit Sitz in Hamburg sind mau – der Umsatz stagniert, der Gewinn im ersten Halbjahr 2012 rutschte im Vergleich zum Vorjahr gleich mal von 125 auf „nur noch“ 85 Millionen Euro. Doch nicht das allein ist das Problem, vielmehr hapert es bei G+J schon seit langem an guten Ideen. Am Ende bleibt da nur Beef, das ziemlich teure Heftchen für überzeugte Macho-Griller, die selbst gar nicht mehr an den Rost kommen, sondern sich beim Barbecue bedienen lassen.

Apropos Macho: Alles traut Bertelsmann Julia Jäkel (40) natürlich – anders als dem FDP-Mann Buchholz – auch nicht zu. Deshalb wird sie im G+J-Vorstand erst mal mit den Kollegen Torsten-Jörn Klein (48) und Achim Twardy (52) die Geschäfte gemeinsam führen. Und ob es für sie auch einen Sitz im Bertelsmann-Gesamtvorstand geben wird? Sie wäre dort die zweite Frau nach RTL-Chefin Anke Schäferkordt.

Vor allem bei den zur G+J-Wirtschaftspresse zusammengepressten Einheiten Financial Times Deutschland (FTD), Capital, Impulse und Co wird jeder Atemzug von Julia Jäkel mit Spannung verfolgt. Denn ob die Neue den Marschbefehl aus Gütersloh hat, die Verlustbringer möglichst schnell abzuschalten, war gestern Abend noch nicht klar. Buchholz hatte sich stets als Schutzheiliger der „WiPresse“ verstanden beziehungsweise inszeniert und noch im vergangenen Sommer beteuert, solange die Zahlen wenigstens ein bisschen nach oben zeigten, wäre kein Ende in Sicht. Nun zeigen die Zahlen eher in die falsche Richtung, eine neue Verschlankung der FTD liegt schon in der Schublade. Warum dann nicht gleich den Stecker ziehen? Weil das zu viel böse Presse gäbe. Und noch ein Indiz stimmt hoffnungsfroh: Jäkel baute ab 1999 die FTD mit auf – und war so etwas wie ihr erstes Gesicht nach draußen. STEFFEN GRIMBERG

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