Befristet und schlecht bezahlt

Bremer*innen arbeiten immer häufiger befristet und ihre Löhne steigen weniger schnell als im Bundesdurchschnitt. Der Grund: Immer weniger Arbeitsverhältnisse sind tarifgebunden

2018 war jede zweite sozialversicherungs-

pflichtige

Neueinstellung in Bremen befristet

Von Lukas Scharfenberger

Jobs in Bremen sind immer häufiger befristet. Das hat eine aktuelle Auswertung des DGB mit Daten der Bundesagentur für Arbeit ergeben. Demnach war 2018 jede zweite sozialversicherungspflichtige Neueinstellung in Bremen befristet.

Angestiegen sei vor allem die Anzahl sachgrundloser Befristungen. Besonders junge Menschen unter 25, Frauen, Ausländer*innen und Hilfs- und Teilzeitkräfte sind davon betroffen.

Einzig positiv: Bremen liegt bei den Bruttostundenlöhnen über dem gesamtdeutschen Durchschnitt. Die Bremer*innen verdienten 2018 im Schnitt 22,59 Euro pro Stunde. Der Durchschnitt liegt bei 21,92 Euro. Die Arbeitnehmerkammer Bremen warnt dennoch: Während in anderen Bundesländern die Löhne in den letzten zehn Jahren um 9,1 Prozent gestiegen seien, seien sie in Bremen nur um 5,8 Prozent gestiegen.

Die Kammer bringt das in Verbindung mit einem dazu parallel verlaufenden Rückgang der Tarifbindungen. Laut ihrer Angabe sind nur noch 55 Prozent der Verträge tarifgebunden, vor zehn Jahren waren es noch 67 Prozent.

Besonders den Einzelhandel und die Logistik treffe das hart. Hier seien nur noch die Hälfte der Beschäftigten tariflich bezahlt. Eine Verkäuferin im Einzelhandel verdient aktuell ohne Tarifbindung bis zu einem Drittel weniger als bei einem Unternehmen mit Tarifbindung. Im Durchschnitt fallen Löhne ohne Tarifbindung um 17 Prozent geringer aus. Dass An- und Ungelernte in Bremen trotzdem noch immer gute Löhne erzielen, liegt laut Arbeitnehmerkammer an starken tarifgebundenen Branchen, wie etwa der Hafenlogistik und dem Fahrzeugbau.

„Wir begrüßen deshalb das Ziel in dem Entwurf des Koalitionsvertrages, die Tarifbindung im Land Bremen zu stärken“, sagt Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer. Gute Löhne gebe es vor allem in der Industrie und dem hochqualifizierten Dienstleistungssektor. Letzterer sei aber gerade in Bremen wenig ausgeprägt und die Industrie baue immer mehr Arbeitsplätze ab. Laut Schierenbeck müsse daher die neue Regierung eine Förderung der „wachstumsstarken, wissensintensiven Dienstleistungen“ beschließen.

2018 war in Bremen jede zweite sozialversicherungspflichtige Neueinstellung befristet. 23.000 Arbeitsverträge sind aktuell ohne sachgrundlose Befristung. Die DGB-Vorsitzende Annette Düring fordert die Umsetzung des Koalitionsvertrages, „der vorsieht, den Missbrauch von jahrelangen Kettenbefristungen und von Befristungen ohne Sachgrund abzuschaffen“.