Bernhard Pötter
Wir retten die Welt
: Lasst die bösen Kapitalisten ran!

Früher hatte die Klimapolitik noch ein Sahnehäubchen: 2015 spendierte „Ben & Jerry’s“ der Klimakonferenz in Bonn Himbeer-Schoko-Eis. Drei Monate später hatten wir das Pariser Abkommen. 2019 hätten wir wieder Eis gebrauchen können: Draußen fast 40 Grad und drinnen die Stimmung frostig. Aber: kein Eis, auch nicht, wie sonst oft, Autowerbung oder Lobbystände von Stromkonzernen oder Gentechnik-Firmen. Ich muss sagen: Ich vermisse sie.

Denn all die bösen Kapitalisten machen momentan so kräftig Druck für etwas, das den Namen Klimapolitik verdient, wie sonst nur die „Fridays for Future“: jetzt gerade die halbe Welt der Investmentbanker bei den G20. Ausgerechnet Japan, wo 1997 das erste Klima-Protokoll beschlossen wurde, zeigt, dass die Klimapolitik inzwischen kiotot ist.

Vielleicht wären Quartalszahlen besser als Wahlperioden. Wer bei BP und Deutscher Bank nicht alle drei Monate liefert, fliegt bald raus. Wer nach 14 Jahren immer noch kaum Emissio­nen gesenkt hat, bleibt weiter Kanzlerin. Warum also lassen wir nicht die Kapitalisten ran? Die haben uns ja diesen Mist eingebrockt. Seit 40 Jahren entmündigt die Wirtschaft die Politik. Die Konsequenz: Vielen geht es viel besser, wenige werden superreich und die Welt wird ruiniert. In den Konzernzentralen kann man Zahlen lesen, wenn es um den Profit geht. Allerdings haben ebendiese Konzerne die Politik so geschwächt, dass die nicht mehr die nötigen Rahmenbedingungen liefert.

Also müsste die Wirtschaft aus purem Eigeninteresse die Basis retten, auf der sie weiter Geschäfte machen will. Die Bank of China und die of America würden sofort eine weltweite CO2-Steuer einführen; die Münchener Rück würde für ihre Bilanz gnadenlos die Verursacher für Klimaschäden zahlen lassen. Exxon und SaudiAramco würden die Welt mit Solarpanels und Windanlagen pflastern, wenn sie darauf das Monopol hätten. Google würde jeden Tag die neuesten Meldungen über den Klima-Notstand in die Welt blasen. Apple könnte die Welt mit frischem Obst versorgen. Amazon müsste einfach nur den Amazonas retten.

Selbstverständlich wäre das ein undemokratisches Horrorszenario. Aber immer noch besser als das demokratische Horrorszenario, in das wir gerade schlittern. Das große Geld würde aus der Krise Cash und aus dem Notstand eine Tugend machen. Aber vielleicht auch: endlich was tun.