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: Glyphosat: US-Richter reduziert Strafe für Bayer

Statt 80,27 erhält ein an Krebs erkrankter Kläger nur mehr 25,27 Millionen Dollar. Der Konzern kann trotzdem nicht aufatmen. Die Zulassung des Unkrautvernichters in Europa ist fraglich

Das Neue

Im Verfahren um die Risiken seines Unkrautvernichters Glyphosat hat Bayer einen Etappensieg errungen. Ein US-Bundesrichter reduzierte am Montag (Ortszeit) den von einem Geschworenengericht zuvor festgelegten Schadensersatz für einen an Krebs erkrankten Mann deutlich von 80,27 auf 25,27 Millionen Dollar. Zwar sei das Verhalten von Monsanto „verwerflich“ gewesen, erklärte Bundesrichter Vince Chhabria in San Francisco. Allerdings sei der Anteil der zu leistenden Strafzahlung mit 75 Millionen Dollar zu hoch angesetzt worden, vor allem angesichts „eines Fehlens von Beweisen für eine bewusste Vertuschung eines bekannten oder offensichtlichen Gesundheitsrisikos“.

Der Kläger Edwin Hardeman hatte erklärt, er habe den Monsanto-Unkrautvernichter Roundup seit den 1980er Jahren auf seinem Grundstück verwendet. 2014 wurde bei ihm ein Non-Hodgkin-Lymphom diagnostiziert. Von dieser bösartigen Erkrankung des lymphatischen Systems ist der 70-Jährige bis heute nicht genesen.

Der Kontext

Bayer hat mit dem 63 Milliarden Dollar teuren Kauf des US-Konzerns Monsanto im vergangenen Jahr auch dessen glyphosathaltigen Verkaufsschlager Roundup übernommen. Die Übernahme gefährdet inzwischen den Fortbestand des Leverkusener Unternehmens: Bayer ist in den USA mit mehr als 13.400 Klagen wegen Krebsrisiken seiner glyphosathaltigen Unkrautvernichter konfrontiert. Der Aktienkurs ist eingebrochen, die Anteilseigner verweigerten Bayer-Chef Werner Baumann auf der Hauptversammlung im April die Entlastung. Der Fall in San Francisco ist der zweite, der in den USA verhandelt wurde und in dem Bayer unterlegen war. Auch beim ersten aus dem Jahr 2018 wurde die Strafe später stark verringert. Im jüngsten Fall im Mai hatte eine US-Jury einem an Krebs erkrankten Rentnerehepaar insgesamt gut 2 Milliarden Dollar zugesprochen. Auch hier kündigte Bayer an, das Urteil anzufechten. Wegen der ungeklärten Gefahren von Glyphosat ist die weitere Zulassung in Europa inzwischen fraglich. 2017 hatten die EU-Staaten die Nutzung noch bis Ende 2022 erlaubt. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sagte am Wochenende, sie erwarte nicht, dass die Zulassung darüber hinaus erteilt werde. Die Große Koalition in Berlin strebe einen schrittweisen Ausstieg spätestens bis 2023 an. Österreich hat als erstes EU-Land vor Kurzem den Einsatz verboten. In Frankreich ist Glyphosat zumindest für Hobbygärtner nur mehr bis Ende des Jahres erlaubt.

Die Reaktionen

Bayer nannte die Entscheidung des US-Richters „einen Schritt in die richtige Richtung“. Man werde jedoch erneut Berufung einlegen.

Die Konsequenz

Die Bayer-Aktie zog zunächst an der Börse um 1,8 Prozent an. Die Erleichterung über das Urteil werde schnell verfliegen, warnte ein Börsianer. Ohne Vergleiche bei Tausenden ausstehenden Glyphosat-Verfahren sei eine nachhaltige Kurserholung der Bayer-Papiere nicht zu erwarten. Kai Schöneberg