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: An die Jugend der Welt

Nach langen Tagen der Dürre ist endlich wieder einmal Zeit für gute Nachrichten: Befürchtungen, der neue Medienriese aus der Axel Springer AG und der ProSiebenSat.1-Sendergruppe könnten in Sachen Meinungsvielfalt in Deutschland für Verstopfung sorgen, sind unbegründet. „Man sollte die Kirche im Dorf lassen. Solche Befürchtungen sind nun wirklich nicht angemessen“, sagt unsere Quelle im aktuellen Spiegel. Okay, die Entwarnung steht auf wackeligen Füßen, denn die Quelle heißt Mathias Döpfner. Aber das mit der Kirche ist ziemlich gut.

Denn Springers Bild ist offizieller Medienpartner des Weltjugendtages 2005. Sie wissen schon: der mit uns als Papst. Und Bild verteilt denn auch am Kölner Ort des Geschehens 500.000 Anstecker mit der größten Schlagzeile seit Christi Geburt („Wir sind Papst“). „Eine ganz tolle Aktion. Einen Anstecker habe ich schon zu Hause, den zweiten werde ich gleich verschenken“, findet der Kölner Kardinal Meisner laut Verlagsmeldung. Guter Mann, dieser Meisner: liest offenbar zwei Bild pro Tag, was die Meinungsvielfalt natürlich enorm steigert.

Bei so viel Begeisterung konnte Benedikt XVI. natürlich nicht hintenanstehen und segnete das Blatt mit einer EXKLUSIVEN Botschaft: Der Papst schreibt in Bild.

„Weil wir anders sind als der deutsche Meinungs-Meinstream“, sei Springer eben „vielen ein Dorn im Auge“, klagt Springer-Chef Döpfner weiter im Spiegel. Stimmt ja auch: Wer lässt sonst schon den Papst schreiben? Dabei ergeben sich zwischen Vatikan und Springer noch ganz andere Parallelen: Der Papst ist im eigenen Laden unfehlbar. Gleiches wird immer mal wieder aus Springer-Redaktionen in Sachen AG-Vorstand berichtet.

Deshalb haben wir ja auch gestern alle der Bild-Meldung geglaubt, Stoiber und Lafontaine würden jetzt auch noch zum TV-Duell antreten: „Stoiber und Lafontaine wollen sich im Fernsehen verbal duellieren“, meldete zum Beispiel die Agentur AFP. Dabei hatte Bild gar nichts von TV geschrieben. Und Springers Welt durfte den vermutlich von langer Stoiber-Springer-Hand eingefädelten Coup am Ende aufdecken: Es geht, Stoiber hat da 2002 mit der BamS gute Erfahrungen gemacht, um ein Print-Duell.

Nur eines irritiert: Warum hat das niemand den hauseigenen Sendern gesagt? „Es besteht Interesse daran, das Duell zu senden“ hieß es gestern – bei N 24 und Sat.1. STEFFEN GRIMBERG