Der Witz der unbekannten Welt

Das Büchlein „Lachen mit Gus Dur“ versammelt Witze und Anekdoten aus Indonesien – das Ziel ist, deutschen Lesern und Touristen islamischen Humor nahezubringen. Herausgegeben hat das Buch der Hamburger Uni-Dozent Arndt Graf zusammen mit einer Gruppe Studenten der Indonesischen Abteilung

Kennen Sie den: Ein Kyai, das ist ein islamischer Geistlicher, und ein protestantischer Pfarrer sind Nachbarn. Der Kyai besitzt ein Auto, der Pfarrer ein Motorrad. An einem regnerischen Tag borgt sich der Protestant den Wagen des Kyai. Als er zurückkehrt sieht er, dass der Wagen voller Dreck ist, also wäscht er ihn, bevor er ihn zurückgibt. Wenige Tage später muss der Kyai an einen abgelegenen, mit dem Auto nicht erreichbaren Ort. Also leiht er das Motorrad des Pfarrers. Als der Kyai von seinem Termin zurückkehrt, nimmt er eine Eisensäge und beginnt, den Auspuff des Motorrads abzusägen. Der entsetzte Pfarrer sieht das und stellt den Kyai zur Rede. Der entgegnet ungerührt: „Herr Pastor, du hast mein Auto getauft, bevor du es zurückgegeben hast. Also beschneide ich jetzt dein Motorrad.“

Arndt Graf, Dozent am Asien-Afrika-Institut der Universität Hamburg, kann noch immer herzlich lachen, wenn er diesen Witz hört. Nicht zuletzt deshalb hat er sich entschieden, eine Sammlung von Witzen und Anekdoten mit islamischem Humor herauszugeben. „Lachen mit Gus Dur – Islamischer Humor in Indonesien“, lautet der Titel des 92-seitigen Büchleins. Gus Dur, der Titelgeber des Werkes, war Indonesiens Präsident von 1999 bis 2001 und ist noch heute ein hochrangiger geistlicher Führer, der für seinen Humor bekannt ist.

„Das Buch soll nicht nur in Deutschland, sondern vor allen Dingen in Indonesien an deutsche Touristen verkauft werden“, sagt Graf. „Wir wollten sicherstellen, dass das Buch nicht als anti-islamisch aufgefasst wird, immerhin wird es von Nicht-Moslems veröffentlicht.“ Also habe man die Sammlung mit Gus Dur einem populären Indonesier gewidmet. Mit Erfolg. Der angesehene islamische Verlag Mizan übernahm die Buchproduktion und druckte eine Erstauflage von 1.600 Exemplaren. Das Buch ist nun an indonesischen Flughäfen, aber auch in Deutschland erhältlich.

Übersetzt wurden die zahlreichen, oft von Gus Dur überlieferten Witze von einer Gruppe Hamburger Studierender der Indonesischen Abteilung. „Wir haben aber nichts erfunden, sondern nur etwas gefunden“, sagt Graf, der im vergangenen Jahr eine Gastprofessur an der Staatlichen Islamischen Universität in Jakarta innehatte. „Dieser Humor ist außerhalb der islamischen Welt kaum bekannt. Wir kennen nur den strengen, puritanischen Islam.“

Dabei ist in Indonesienr, dem mit 230 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten islamischen Land der Welt, der Humor eine traditionsreiche Technik zur Verbreitung der Religion. Aber auch die modernen Medien spielten bei der Glaubensverbreitung in der islamischen Welt eine immer bedeutendere Rolle, so Graf. Humorvolle Predigten im Fernsehen oder auf Kassette sind keine Seltenheit mehr. „Ich nenne das Sermotainment“, sagt Graf, „eine Mischung aus dem englischen Wort ‚sermon‘ für Predigt und ‚entertainment‘.“

„Lachen mit Gus Dur“ ist zu verstehen, als unterhaltsamer, durch diverse erläuternde Fußnoten auch informativer Beitrag zum interkulturellen Dialog. „Das Bild von strengen, übereifrigen islamischen Klerikern wird den 1,3 Milliarden Muslimen in der Welt nicht gerecht. Es gilt hier, Brücken zu bauen“, so Graf. Holger Schleper

„Lachen mit Gus Dur - Islamischer Humor aus Indonesien“. Hersg.: Arndt Graf und Johanna Pangestian-Harahap. ISBN 979-433-383-2