Unter Null

REGIONALLIGA Der SV Wilhelmshaven muss nicht nur um Tore kämpfen, es geht um Geld

„Wir stehen wie Idioten da“

BERND KIRCHNER, GESCHÄFTSFÜHRER SV WILHELMSHAEN

Nach dem 1:2 (1:1) am Sonntag im Jade-Stadion gegen den SC Goslar 08, das Tor für den SV Wilhelmshaven machte Max Kremer (2.) per Foulelfmeter, Ausgleich Bierim Rrustemi (32.), 65. Tezcan Karabulut, hat der SVW als Tabellenletzter der Regionalliga Nord zwei Punkte minus. Zwei liegt, so ungefähr, mancher Teil von Wilhelmshaven unterm Meeresspiegel.

Dabei hat Wilhelmshaven in dieser Saison ein Mal gewonnen und ein Mal unentschieden gespielt. Sollten vier Punkte plus sein. Minus zwei Punkte, das hat mit dem Mittelfeldspieler Sergio Sagarzazu zu tun. Der, damals 24, argentinischer und italienischer Pass, schlug im Januar 2007 in Wilhelmshaven auf. Kam von San Martín Tucumán. Der SVW, damals Dritte Liga, nahm ihn unter Vertrag. Sagarzazu macht zwei Tore, spielt nicht so, dass der SVW den Vertrag verlängern will. Sagarzazu geht im Juni 2008.

Am 17. Dezember 2008 bekommt der SVW einen Brief vom Weltfußballverband (Fifa), der namens der argentinischen Clubs River Plate und Atletico Excursionistas 160.000 Euro Ausbildungsvergütung für Sagarzazu verlangt. „Wenn wir das zahlen, sind wir pleite“, sagt Geschäftsführer Bernd Kirchner. Hätte der SVW was von einer Ausbildungsvergütung in dieser Höhe gewusst, hätten sie Sagarzazu nicht verpflichtet.

Wilhelmshaven zahlt nicht, ruft das internationale Sportgericht an, das der Fifa Recht gibt. Die Fifa eröffnet ein Disziplinarverfahren. Der SVW bietet 40.000 Euro als Vergleich, die Argentiner lehnen ab. Am 20. Februar werden dem SVW vom Norddeutschen Fußballverband, im Auftrag von DFB und Fifa, sechs Punkte abgezogen. Keine Katastrophe, da in dieser Saison keiner absteigen musste.

Der Verein zahlt nicht. Vor der Saison 2012/13 der nächste Punktabzug, der SVW startet mit minus sechs Punkten in die Runde. Vor dem Landgericht Bremen stellt der Verein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen den Abzug der sechs Punkte. Dort ist auch die Hauptverhandlung, in der es um die Berechtigung der Forderung geht, anhängig. „Die Chancen“, zitiert Kirchner den SVW-Anwalt Jürgen Scholz, „stehen nicht schlecht.“

Der SVW hat dem Verband angeboten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache keine Sanktionen mehr zu verhängen. „Darauf haben die sich nicht eingelassen“, sagt SVW-Pressesprecher Jörg Schwarz. Wird die einstweilige Verfügung erlassen, können keine Sanktionen mehr kommen. Kommt die einstweilige Verfügung nicht, ahnt Kirchner Unheil: „Zwangsabstieg.“

Je mehr Zeit vergeht, desto höher wird die Summe: Inzwischen sind 21.600 Euro Bearbeitungsgebühr der Fifa dazugekommen. Die hat der DFB über das Verrechnungskonto einbehalten, auf das der Verband die TV-Gelder für die Regionalliga einzahlt. „Einfach abgebucht“, staunt Kirchner. „Schlechte Stimmung“, sagt Schwarz, „bei den Zuschauern, in der Mannschaft, bei den Sponsoren, im Verein.“

„Wir stehen wie Idioten da“, sagt Kirchner, „wir haben eine junge Mannschaft, da merkt man, dass sie das beschäftigt.“ Stimmt, gegen Goslar war es ein bisschen wie minus zwei unterm Meeresspiegel. ROR