Bremen klagt: „Es hat nicht gereicht“

Das Land will Klage vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen, fordert mehr Autonomie und mehr Geld, um es investieren zu können. Dazu will sich der Senat mit der saarländischen Regierung abstimmen. Das wird schwierig

bremen taz ■ Nun also doch: Bremen will vors Bundesverfassungsgericht ziehen, um eine bessere finanzielle Ausstattung des Bundeslandes zu erreichen. Das hat der Senat in seiner gestrigen Sitzung beschlossen. Dazu will Bremen sein Vorgehen mit dem ebenfalls finanziell arg gebeutelten Saarland abstimmen. Beide Kabinette werden in der nächsten Woche gemeinsam tagen. Was die Bremer in Saarbrücken wollen, bleibt unklar, denn in einer Senatsvorlage überwiegen die Unterschiede.

„Uns verbindet, dass wir beide Sanierungshilfen bekommen haben und jetzt sagen: Es hat nicht gereicht, wir haben Anspruch auf weitere Hilfen der Gemeinschaft“, sagt Innensenator und Bürgermeister Thomas Röwekamp (CDU). Hintergrund: Bremen hatte zwischen 1994 und 2004 nach zwei Urteilen des Bundesverfassungsgerichts 8,5 Milliarden Euro Bundesmittel erhalten, das Saarland im gleichen Zeitraum 6,6 Milliarden. Beide Länder glauben, dass sie die Sanierungsauflagen erfüllt haben. Dennoch ist es nicht gelungen, die öffentlichen Haushalte zu sanieren oder die Verschuldung entscheidend zurückzufahren.

„Wir wollen zeigen, dass Bremen kein Querulant ist“, sagt Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos), der sich mit dem Saarland abstimmen will. Es gehe darum, den Status der beiden kleinen Gebiete als Bundesländer zu rechtfertigen. Dazu brauche Bremen eine „Bestandsgarantie“ und müsse in die Lage versetzt werden, sich selbst zu helfen – sprich eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen. Oder anders gesagt: Bremen brauche Geld und Autonomie, um seine Wirtschaftskraft für das eigene Land zu nutzen. Dann könne Bremen etwa neue Steuermodelle ausprobieren. Unternehmen könnten etwa, statt Steuern zu zahlen, Arbeitsplätze schaffen, phantasierte Nußbaum.

Der Senat strebt eine so genannte abstrakte Normenkontrollklage an, in der nicht der Bund direkt verklagt wird. Es wird nicht um konkrete Summen gehen. Auf jeden Fall soll eine Teilentschuldung des Landes erfolgen, mehrere Milliarden Euro stark müsse die sein, so Nußbaum. Nun will der Senat die Ergebnisse von fünf Gutachten abwarten, die der Senat in Auftrag gegeben hat. Verschiedene Wissenschaftler sollen prüfen, ob und welche besonderen Forderungen Stadtstaaten vor Gericht stellen können.

Eben das scheint ein Knackpunkt in der Kooperation mit dem Saarland zu sein. Denn das kleine Bundesland strebt einen eigenen Weg zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe an. Wie eine Kooperation mit Bremen aussehen kann, will Egon Fischer, Pressesprecher des saarländischen Finanzministers deshalb nicht sagen. Und auch Bremens Finanzsenator will den Ergebnissen der gemeinsamen Kabinettssitzung „nicht vorgreifen“.

Vermutlich wird es nicht viele Erkenntnisse geben, denn das Saarland wehrt sich etwa gegen eine Erhöhung der Einwohnerwertung, die Bremen anstrebt. Mit der Wertung wird errechnet, wie hoch die Transferzahlungen anderer Bundesländer ausfallen. Außerdem wird im Saarland offenbar immer noch überlegt, ob nicht eine Klage schon vor dem Termin für die Bundestagswahl am 18. September eingereicht werden kann. Entscheidend dürfte aber sein, dass das Saarland die in der Vergangenheit erhaltenen Bundesmittel offenbar effizienter genutzt hat als Bremen. „Das Saarland hat gemessen an der Pro-Kopf-Verschuldung und der Zins-Steuer-Quote Anschluss an die Lage in anderen Ländern gefunden“, heißt es im Sanierungsbericht der dortigen Landesregierung. Bremens Schulden stiegen jedoch immer weiter, trotz Berliner Geld.

Schon allein deshalb ist schwer vorstellbar, dass in Saarbrücken eine gemeinsame Strategie beraten werden kann. Wie gut, dass Finanzsenator Nußbaum parallel zu der Klage in Karlsruhe weiter mit der Bundesregierung über Neuordnungen der Finanzverteilung beraten will. Wie genau das ablaufen soll, konnte oder wollte er aber nicht sagen. kay müller