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Speeddating an den Hochschulen

Bei der Langen Nacht der Wissenschaften kamen 26.000 – wieder weniger als in den Vorjahren. Viel drehte sich ums Thema Klima

Wissenschaft soll was hermachen: Lasershow an der Beuth-Hochschule Foto: Paul Zinken/dpa

Von Manfred Ronzheimer

Das Klima, das Schüler seit Monaten zum Politprotest auf die Straße treibt, war auch bei der Langen Nacht der Wissenschaften ein wichtiges Thema. Zur sogenannten „klügsten Nacht des Jahres“ zog es am Samstagabend bei drückender Hitze rund 26.000 Besucher von 17 Uhr bis Mitternacht in die Hochschulen und Forschungsinstitute in Berlin und Potsdam. Im Vorjahr waren noch knapp 28.000 Besucher gekommen, 2017 waren es sogar rund 34.000.

Mit Sicherheit lag die Teilnehmerzahl in diesem Jahr allerdings über den 26.000 offiziellen Ticket-Käufern. Denn um die neue Schülerprotest-Generation in die mehr als 70 Klima-Veranstaltungen unter den insgesamt 2.000 Darbietungen zu locken, waren 12.500 kostenlose Eintrittkarten für Schüler ausgegeben worden – „als Wertschätzung gegenüber dem Engagement der Jugendlichen“, wie die Veranstalter erklärten.

Unter dem Motto „Fridays for Future trifft Scientists for Future“ luden Wissenschaftler des TU-Instituts für Berufliche Bildung und Arbeitslehre zum „Speeddating Klimaschutz“. An sechs Tischen konnten die Jugendlichen direkt mit Uni-Forschern zu Energie, Mobilität, nachhaltigem Konsum und Ökonomie oder Protestforschung ins Gespräch kommen. „Dieses Format war für uns ein Experiment, mit den Engagierten von Fridays for Future in Kontakt zu kommen und ihnen Wissen zu vermitteln“, berichtete Martina Schäfer als Organisatorin der Veranstaltung. Auch inneruniversitär artikulieren sich an Klimaschutz interessierte Studierende und fordern zum Beispiel, die Zahl klimaschädlicher Flugreisen zu internationalen Wissenschaftskonferenzen deutlich zu reduzieren.

In diese Richtung wurde auch im Süden der Stadt diskutiert, wo das Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft zur Expertenrunde über die Treibstoffe für die Mobilität von morgen geladen hatte. Direktor Robert Schlögl sagte, die Entscheidung zwischen Elektrobatterie, Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen sei noch nicht gefallen.

Ist die Lange Nacht der Wissenschaften ein Auslaufmodell?

Für viel gravierender als die Technik hält er aber das aktuelle regulatorische Wirrwarr auf juristischer und politischer Seite. „Was uns fehlt, ist ein verlässliches Ziel für die Energiewende in Deutschland“, sagte Schlögl. “Wir brauchen ganz schnell eine Energiewende 2.0“. Anschließend bot das Chemie-Institut, das schon zwei Nobelpreise nach Berlin geholt hat, eine knallende und rauchende Vorführung von künstlichen Vulkanen unter Vollmond-Himmel.

Die Lange Nacht bot wieder eine Mischung aus populärer Wissenschaft zum Anfassen und teilweise hochkompetenten Diskursrunden etwa über die gesellschaftliche Akzeptanz von Forschung. Die Themen reichten von der Hirnforschung über Zeithistorisches bis hin zu Fragen der Biochemie. Trotzdem sinken mit den Jahren die Teilnehmerzahlen.

Ist die Lange Wissenschaftsnacht ein Auslaufmodell? Keineswegs, findet Monika Gross, Präsidentin der Beuth Hochschule für Technik Berlin und Vorsitzende des Trägervereins, der die Lange Nacht der Wissenschaften veranstaltet. In den Wissenschaftseinrichtungen sei auch in diesem Jahr „eine sehr positive Resonanz sowohl bei Gästen als auch bei den Forschenden zu spüren“ gewesen, zog Gross am Sonntag Bilanz. „Selbst einmal ein Experiment durchzuführen und kritisch zu hinterfragen – das sind Möglichkeiten, die sich sonst Menschen außerhalb der Wissenschaft nur selten bieten“, so Gross. Im kommenden Jahr, wenn das 20. Jubiliäum der Wissenschaftsnacht ansteht, wolle man auch mit neuen Formaten verstärkt an bislang eher wissenschaftsferne Bevölkerungsgruppen ­herantreten.

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