FDP schafft ein bisschen mehr Bürgerrechte

SCHWARZ-GELB Höhere Hürden gegen den staatlichen Zugriff auf Telefondaten und Computer. Internetsperren aufgeschoben. Union setzt härteres Jugendstrafrecht durch

BERLIN/FREIBURG taz/rtr | Die FDP hat bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union kleine Achtungserfolge beim Kampf um die Bürgerrechte erreicht. So soll die Einführung von Internetsperren mindestens ein Jahr lang aufgeschoben werden. Die Daten der Vorratsdatenspeicherung dürfen zunächst – bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Anfang nächsten Jahres – nur für Notfälle genutzt werden. Onlinedurchsuchungen bleiben weiter möglich, der Schutz der Privatsphäre soll jedoch leicht verbessert werden.

Die von Union und FDP vereinbarte Verschärfung des Jugendstrafrechts traf hingegen auf Kritik vom Deutschen Richterbund. Die Pläne der Koalition seien überflüssig und „Kosmetik aus aktuellen Anlässen“. Die künftigen Koalitionspartner hatten sich darauf geeinigt, einen „Warnschussarrest“ für jugendliche Straftäter einzuführen und die mögliche Höchststrafe für Heranwachsende von 10 auf 15 Jahre zu erhöhen.

Ihrem seit langem angestrebten Ziel, die Bundeswehr zur Terrorbekämpfung im Inland einzusetzen, kam die Union auch mit der FDP nicht näher. Die lange Wunschliste aus dem Bundesinnenministerium, die kurz vor der Wahl durchgesickert war, wurde nicht umgesetzt: Weder bekommt der Verfassungsschutz neue Befugnisse noch die Polizei. „Es gibt keine Sieger und Besiegten“, sagte CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach nach den Verhandlungen der Arbeitsgruppe Innenpolitik und Justiz, „wichtig ist, dass wir das in den letzten Jahren aufgebaute hohe Sicherheitsniveau gehalten haben.“ FDP-Verhandlungsführerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach dagegen von „echten Durchbrüchen“ der Liberalen. Auch Blogger Alvar Freude, einer der aktivsten Gegner der Internetsperren, äußerte sich positiv: „Es sieht nicht schlecht aus, was zu diesem Thema im Koalitionsvertrag stehen wird, und ist wohl das Beste, was rauszuholen war.“

Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) freute sich vor allem, dass es gelungen sei, alle strittigen Punkte zwischen den Fachpolitikern von CDU/CSU und FDP zu klären. Eigentlich war im Vorfeld erwartet worden, dass es gerade bei der inneren Sicherheit unüberwindliche Gräben geben werde. Nun hat die entsprechende Arbeitsgruppe überall Kompromisse gefunden und nichts der seit Freitag tagenden „großen Runde“ mit den Parteichefs überlassen.

Trotz der schwierigen Lage der Staatsfinanzen wollen Union und FDP am Wochenende über die Umsetzung ihrer Steuersenkungsversprechen beraten. Die zusätzlichen Ausgabenwünsche der zehn Arbeitsgruppen in den Koalitionsverhandlungen summierten sich auf 120 Milliarden Euro, hieß es am Freitag aus Verhandlungskreisen. CHR, LKW

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