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Benjamin Moldenhauer Popmusik und EigensinnVöllig unspezifisch und maximal konkret

Foto: privat

Neben vielem anderen versprechen die rüderen Gangarten der Rockmusik jungen Männern Härte und Unverletzbarkeit. Aus dem Punk, der in all seiner Siffigkeit der Welt, auf die er fröhlich kotzte, immer verbunden blieb, entwickelte sich Hardcore, und damit hielten Reinheitsideale und Berührungsfurcht Einzug ins Genre. Die Wahrnehmung ist nicht originell, sie drängt sich halt mit Macht auf: Wenn Musik immer auch Träger von Ideen ist, dann ist die Idee, nach der sich die Musik vieler Hardcore-Bands spätestens der zweiten Generation im Genre organisiert hat, die Idee des Körperpanzers.

Vom Clinch mit der Welt und ihrer radikalen Negation erzählen viele Subkulturen in unterschiedlicher Weise. Punk, wie gesagt, sah sich als Teil des großen Schlechten und trieb die Hässlichkeit auf die Spitze. Hardcore hingegen versteht bis heute das Subjekt als Kampfmaschine und bimst seinen Hörern zugleich Einzelkämpfertum und Männerclique ein. Das gilt, egal wie die Texte politisch jeweils ausfallen, zumindest für die Bands, die auf der Bühne wirken wie eine losgelassene Fitnessstudio-Belegschaft auf Koks. In dieser Genre-Ecke wird Hardcore meist mit Metal fusioniert. Was an Travestie- und Theaterpotenzial im Metal mitschwingt, fällt heiligem Ernst zum Opfer.

An diese mindestens mal ambivalente Tradition knüpft die Band Terror an. Alles maximal verdichtet, der Sänger schimpft wie ein Rohrspatz, der mit einer Dampfwalze auf seine Feinde losfährt. Schiefes Bild, egal. Jedenfalls bilden die Texte der Songs das Versprechen der Musik wunderbar ab, und es liegt alles offen da. „Destroy your fucking world/It brings us nothing but pain/Hardened wills, force fed lies/Resistance, return to strength“. Die Gesellschaftsdiag­nose der Band fällt völlig unspezifisch und maximal konkret zugleich aus. Gegen die durch und durch verkackte Welt werden befreundete Muskelpakete und das Wissen um die Schlechtigkeit aller weltlichen Freuden in Stellung gebracht: „No one is there for you/But I‘ve got music and I‘ve got friends/Both always on my side“.

Wer da nicht mittun möchte, wird einfach weiter vehement angebrüllt: „It’s you who’s lost/In social ills, lusts and greeds“. Es bleibt der Eindruck, den die Leipziger Tunte Kuku Schrapnell von einem anderen, wohl strukturähnlichen Konzert mitgebracht hat: „Es ist so süß, wie Menner immer pogen und stagediven, um mal von anderen Mennern angefasst zu werden und ich steh am Rand und denke, ach Mäuschen, komm doch einfach mit.“

Fr, 21. 6., 20.30 Uhr, Tower

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