wortwechsel
: 11 Millionen Klicks für einen Rage gegen die CDU

Rezos Video zeige eine Stammtisch-Tirade, schrieb taz-Autorin Bettina Gaus. Seine Inhalte würde sie gern „zerlegen“. Dennoch hält sie Solidarität für nötig angesichts der Reaktionen

„Beeinflusser“ Rezo demoliert als YouTuber bürgerliche und ganz rechte Parteien. Hat er die Wahlentscheidung Jugendlicher „influenced“? Foto: Screenshot YouTube

„Schnappatmung wegen eines Videos“, taz vom 25./26. 5. 19

Klare Erklärungen

Mit Schnappatmung habe ich ihre Kolumne zum YouTube-Video von Rezo gelesen, liebe Frau Gaus, in der Sie Rezos Beitrag als Stammtisch-Tirade bezeichnet haben. Da sagt einer mal klare Worte, lässt jede Menge Politiker zu Wort kommen und zeigt, wie sie sich um Kopf und Kragen reden. Er erklärt die Sachverhalte wie Klimawandel und das Versagen der CDU verständlich. Im Gegensatz zu vielen Artikeln in der taz. Manchmal sind taz-Artikel so lang, geben Stimmungen wieder, eben der zurzeit so moderne Betroffenheitsjournalismus. Da wünsche ich mir klare Erklärungen der Zusammenhänge und keine Verunglimpfung, wenn einer so ein eindringliches Video zeigt!

Ich bin alte taz-Genossin, mir ist die taz sehr wichtig, daher dieser Lesebrief. Susanne Schröter, Geestland

Grauenvolle Zukunft

Ich empfinde Ihren Artikel zum Video von Rezo als arrogant. Zu Beginn ziehen Sie über die unprofessionellen Reaktionen Ihrer Kollegen anderer Zeitungen her, um dann ohne Beleg und ernsthafte Auseinandersetzung Rezo vorzuwerfen, er formuliere ungenau und sein Video sei nicht mehr als eine wütende Stammtischrede.

Sie erklären weiter, Sie würden das Video gern inhaltlich zerlegen, könnten das aber nicht, da Sie sich wegen Ihrer journalistischen Kollegen zur Solidarität gezwungen sähen. Was ist das für ein Unsinn? Bitte zerlegen Sie es, wenn Sie es können, und seien Sie nicht genauso hochnäsig! Ich erwarte eine inhaltliche, belegte Auseinandersetzung und kein oberlehrerhaftes Geschwafel. Mich beschleicht bei der Reaktion der gesamten Presse ein wenig das Gefühl, dass Neid und Missgunst Antriebsfedern für die Kommentare zum Video sind.

Außerdem bin ich enttäuscht darüber, dass die bislang größte globale Klima-Demo nicht auf Ihrer Titelseite gelandet ist, sondern dieser unerträgliche Rechtspopulist Herbert Kückl von der FPÖ. Warum geben Sie so jemandem so viel Raum und dem wichtigsten aller derzeitigen Themen so wenig? Wenn wir es nicht schaffen, das Thema Klimakrise und Artensterben zum Thema Nummer eins in der öffentlichen Wahrnehmung und bei den Politikern zu machen, wird uns allen eine grauenvolle Zukunft bevorstehen.

Silke Quathamer, Hamburg

Die notwendige Debatte

Inhaltlich würde Frau Gaus das Video des Influencers Rezo also gerne zerlegen, aber die „hochnäsige Reaktion“ zwinge sie zu einer Solidarität, die sie gar nicht empfindet. Mehr von oben herab kann frau auf das Video kaum reagieren. Frau Gaus entzieht sich damit der Debatte. Dabei liegt die große Stärke des Videos gerade darin, durch Zuspitzung dringend notwendige Debatten anzukurbeln. In Bezug auf die Dringlichkeit von klimaschützenden Maßnahmen ist diese dank der „Fridays for Future“-Bewegung längst in Gang.

Aber die Tatsache, dass in Bezug auf die Frage der relativen Armut und Ungleichheit der Verteilung der Vermögen sowohl Rezo als auch die FAZ anscheinend Fakten etwas zugunsten ihrer These manipuliert haben, zeigt, dass wir hier dringend genauer hinschauen sollten. Auch über den Umgang mit und die Einordnung von neuen Medienformaten wie dem Video von Rezo sollten wir tunlichst streiten.

Man muss die Ansicht der FAZ, dass es sich schlicht um subtilen Linkspopulismus handelt, nicht teilen, aber wenigstens hat die Redaktion der FAZ Stellung bezogen, während sich Frau Gaus der inhaltlichen Auseinandersetzung entzieht.

Die krasse Zuspitzung, die im Positiven Debatten anstößt, ist gleichzeitig die größte Schwäche des Videos. Denn wer dermaßen selbstgerecht argumentiert, wird sich schnell an einer sehr hohen Messlatte messen lassen müssen. Dabei fällt es fast jedem von uns schwer, die eigene Bequemlichkeit zugunsten der Zukunft des Planeten und der gesellschaftlichen Gerechtigkeit einzuschränken. Und politische Parteien agieren eben nicht außerhalb des gesellschaftlichen Diskurses. Mit stark zugespitzten Fragen eine Debatte zu entfachen, ist hingegen spannend und notwendig. Ortrun Bühling, Heidelberg

Konforme Presse

„Klimastreik in 126 Ländern“, taz vom 25./26. 5. 19

Eine Frage an die Journalisten der taz: Nachdem es Schüler/Studenten gibt, die sich für die Zukunft starkmachen (schön, dass Sie immer wieder darüber Artikel verfassen), Scientists for Future diese nun auch lauter werdend unterstützen, Parents for Future sich zu engagieren beginnen …gibt es Journalisten für die Zukunft? Aus meiner Sicht wäre das eine erfreuliche Bewegung, denn die Berichterstattung allgemein scheint mir reichlich eingeschränkt, und viele Themen, die dem herrschenden System widersprechen, finden wenig Nachhall in der Presse. Die Presse ist äußerst konform geworden.

Andrea Stephan, Bad Soden-Salmünster

Schlapp gelacht

„Die CDU schlägt zurück“, taz vom 24. 5. 19

Liebe tazler, mit dem Titelbild mit Annegret Kramp-Karrenbauer im Rezo-Outfit habt ihr mal wieder den Vogel abgeschossen. Tolle kreative Leistung. Ich hab mich schlapp gelacht. Merci, chérie. Gabriele Kentrup, Frankfurt am Main

Europa per Zug

„One-Way-Ticket nach Lissabon“, taz vom 24. 5. 19

Liebe taz-KollegInnen, danke für den schönen Artikel von Jana Lapper über ihre Zugreise von Vilnius nach Lissabon! Die Eindrücke vom Partikularen und Verbindenden in Europa, das auf einer solchen Reise noch viel stärker sichtbar wird als bei Flugreisen, waren sehr anschaulich, ebenso die Anregungen, immer wieder das deutsche (Selbst-)Bild von und in Europa zu hinterfragen. Und ein Eisenbahnnetz, das Europa wirklich verbindet, wäre so eine wichtige und lohnende Aufgabe … Marion Fisch, Hamburg