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zwischen den rillenSonniger Kampfgegen alte Dämonen

Yola: „Walk Through Fire“ (Nonesuch/Warner)live: 16.11. „Lido“ Berlin, 17. 11. „Stage Club“ Hamburg

Yola ist scheinbar schon immer im Musik-Business unterwegs, bereits als Fünfjährige sang sie im Kirchenchor in ihrer Heimatstadt Bristol. Bekannt wurde die Britin in den Neunzigern unter anderem als Backgroundsängerin für die TripHop-Pioniere Massive Attack. Erst jetzt veröffentlicht die afrobritische Sängerin, die eigentlich Yolanda Quartey heißt, ihr Debütalbum „Walk Through Fire“. Und was für eins! Sein Sound ist im wuchtigen Hybrid Countrysoul angesiedelt.

Man hört dem Werk an, wer mitgemischt hat: Dan Auerbach, Teil der US-Rockband Black Keys, aber auch als Solist und als Produzent für Lana Del Rey eine Hausnummer, hat die 35-Jährige unter seine Fittiche genommen. Auf einem Festival in Nashville wurde er auf Yola aufmerksam, holte sie in sein „Easy Eye Sound Studio“ und komponierte zusammen mit ihr Songs. Wie man sofort hört, trägt diese Zusammenarbeit Früchte.

„Girl, ich habe News“

Muss erst ein weißer Mann kommen, damit die schwarze Musikerin zu ihrer Stimme findet? Könnte man gehässig fragen. „Girl, ich habe News für dich: Wenn du ein Problem mit weißen Männern hast, dürfte die Musikindustrie das falsche Pflaster für dich sein!“, antwortet Yola und lacht schallend. „Es gibt tatsächlich einen Männer-Überhang in der Musikindustrie. Aber bis wir das gelöst haben, musst du die Spreu vom Weizen trennen.“

Yola ist schließlich nicht doof. Sie kennt das Musicbiz von der Pieke auf und weiß um ihre Stärken und Schwächen. Sie hat vorgefertigte Rollenbilder lange genug ausgefüllt, die man ihr als schwarzer Musikerin zugestanden hat. „Früher war ausgemacht: ich sollte R&B machen, Dance-Sound wäre auch noch okay gewesen und natürlich Background-Gesang – so was erwartet man von einer farbigen Frau“, zählt sie auf. Blöd nur, dass sie etwas ganz anderes machen wollte.

Gesungen hat sie auch gegen den Willen ihrer alleinerziehenden Mutter, die mit dem Berufswunsch „Künstlerin“ nichts anfangen konnte. Yola schärfte ihre Stimme auf Alben von Iggy Azalea und Massive Attack, sie komponierte Songs für Katy Perry und stieg als Sängerin der Band Phantom Limb ein. Immer waren es andere, denen sie zuarbeitete, deren Songs sie sang, deren Stil sie markant ausfüllte. „Mit 29 bekam ich Panik und merkte, dass ich unglücklich war und eigentlich etwas Eigenes kreieren wollte. Ich musste dafür erwachsen werden und aufräumen. Aber jetzt!“, bekräftigt sie die Drastik dieser Erkenntnis und haut mit der flachen Hand auf den Tisch. Falsche Freunde, falsches Management, falsche Band – alles, was sich für sie ungut anfühlte, hatte keinen Platz mehr in ihrem Leben.

Es war ein Prozess der Selbstfindung, aber auch ein Bekenntnis zu ihrer Stimme, ihrer Weiblichkeit und ihrer Herkunft. „Walk Through Fire“ beschreibt schon im Titel diesen schwierigen Weg aus dem Dunkel. Es ist ein Trennungsalbum, das sich mit Beziehungsproblemen aller Art auseinandersetzt. Yola erzählt, wie sie sich manchmal durch jeden einzelnen Tag retten musste („Love All Night“) und dass es Nächte gibt, die dem Kampf gegen alte Dämonen gewidmet sind („Deep Blue Dream“). Leiden, Lieben, Trauern – alles Themen, die die Musikerin zu eleganten und sonnigen Stücken verarbeitet hat, auf denen ihre erhabene Stimme im Zentrum steht. Ein Kontrast, der für Tiefe sorgt und bestens funktioniert.

Außer Dan Auerbach werkelte im Studio eine weitere Legende: Dan Penn! Der 77-jährige Songwriter hat mit Aretha Franklin gearbeitet und Songs für viele Berühmtheiten komponiert. Yola lobt die Zusammenarbeit in den höchsten Tönen, denn Penn hielt sie dazu an, weiter an ihren eigenen Songs zu feilen. „Was mich wirklich mit Stolz erfüllt, ist, dass ich den Song ‚It Ain’t Easier‘ komplett selbst komponiert habe – und er steht den anderen Stücken in nichts nach. Im Gegenteil: Er passt bestens in den Flow des Albums.“ Yola lacht ein letztes Mal laut und versichert abschließend: „Ich bin da angekommen, wo ich sein will.“ Silvia Silko

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