Fluthilfe lockte wenige Betrüger

In Sachsen wurden erstmals Haftstrafen gegen Betrüger verhängt, die Profit aus der Elbeflut 2002 schlagen wollten. Fast alle 72.800 Antragsteller waren aber ehrlich

BERLIN taz ■ Zum ersten Mal sind in Sachsen Unternehmer zu Gefängnisstrafen verurteilt worden, weil sie nach der Elbeflut 2002 Hilfsgelder beantragten, ohne dazu berechtigt zu sein. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Dresden wurden mehrere Personen zu Gefängnisstrafen in Höhe von zehn Monaten bis zwei Jahren verurteilt.

Gemessen an der Masse der Anträge jedoch, scheint die Zahl der Betrüger gering zu sein. Laut der Sächsischen Aufbaubank Dresden stellten nach dem verheerenden Hochwasser insgesamt 72.800 Unternehmer, Selbstständige und gewerbliche Vermieter Anträge auf Unterstützung. Die Gesamtsumme der von der Aufbaubank bewilligten Fluthilfe betrug 1,5 Milliarden Euro. Bis heute hat die Bank nach eigener Aussage 50.000 dieser Anträge überprüft.

Die Unterstützung war vor drei Jahren so schnell und so unbürokratisch wie möglich ausgezahlt worden, weshalb die Bescheide allesamt vorläufig waren, sagte eine Sprecherin. Man habe inzwischen die Schäden bewertet und insgesamt 81 Millionen zu viel gezahlte Euro zurückgefordert. Gerade einmal 0,5 Prozent. Von Missbrauch will die Bank in diesem Zusammenhang nicht sprechen und hat auch keine Zinsen oder Strafgebühren erhoben. Diese geänderten Bescheide seien „verfahrensbedingt“, hieß es.

Doch gibt es auch andere Fälle. Insgesamt 61-mal habe man den Verdacht gehegt, dass Flutspenden in betrügerischer Absicht angefordert worden seien. So gab es Antragsteller, die zum Zeitpunkt der Flut überhaupt kein Gewerbe betrieben oder die durch das Hochwasser keine Schäden erlitten hätten, sagte die Sprecherin der Aufbaubank. In allen 61 Fällen erstattete die Bank Anzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft.

Die nun verhängten Urteile sind aber eher ein Beleg für die Ehrlichkeit der Sachsen: Die Täter, die bei der Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt wurden, waren ohnehin Betrüger. „Sie wurden überwiegend wegen anderer Betrugsstraftaten verurteilt“, sagte Staatsanwalt Till Pietzcker. Die „Flutsachen“ seien nur einer von mehreren Punkten gewesen. So wie zum Beispiel bei dem Besitzer eines Handyladens in Dresden, der Verträge gefälscht hatte und in dem Elbehochwasser nur eine weitere Möglichkeit sah, an Geld zu kommen. Er beantragte 60.000 Euro Hilfe für Flutschäden, die es nicht gab, und bekam dafür zwei Jahre auf Bewährung und eine Geldstrafe.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelte gegen die Besitzerin einer Kaffeerösterei in Eilenburg, die 15.000 Euro beantragt hatte, obwohl sie bereits vor dem Hochwasser Insolvenz anmelden musste. Auch ihre Strafe von zehn Monaten Gefängnis und 500 Stunden gemeinnütziger Arbeit wurde nur ausgesprochen, weil sie bereits „Vorbelastungen“ hatte, so ein Staatsanwalt. Sie war vorbestraft.

Da die Fälle bei den Staatsanwaltschaften unter dem allgemeinen Tatbestand des Betrugs geführt werden, gibt es keine genauen Zahlen, gegen wie viele Subventionsbetrüger noch ermittelt wird. Die Aufbaubank Dresden hat bisher knapp 50.000 Entschädigungszahlungen geprüft. Das „Gros“ der offenen Bescheide wolle man bis Ende des Jahres abschließen, so die Sprecherin. KAI BIERMANN