Leipziger Warm-up

Für den FC Bayern soll das Spiel gegen RB die Meisterschaft sichern. Für den Gastgeber ist es ein Training vor dem Pokalfinale

Der mitreißende Herr Rangnick: der RB-Trainer beim Sieg über Freiburg Ende April Foto: Meyer/dpa

Aus Leipzig Fabian Held

Nach langer Zeit könnte das ehemalige Zentralstadion heute wieder eine Meisterfeier erleben. Nur anders. Gewinnt München bei RB Leipzig, wäre die 29. Bayern-Meisterschaft perfekt, es gäbe Weißbier. „Das würden wir alle gern mit einem Sieg verhindern“, sagt RB-Linksverteidiger Marcel Halstenberg. „Wir wollen aus ganz persönlichem Ehrgeiz das Spiel gewinnen und wissen natürlich auch, dass ein möglicherweise erfolgreicher Ausgang auch eine psychologische Auswirkung auf das Pokalfinale haben kann“, ergänzt RB-Coach Ralf Rangnick.

Die Leipziger schielen nämlich schon in Richtung Berliner Olympiastadion, wo die beiden Teams am 25. Mai im Pokalfinale erneut aufeinandertreffen. „Wir wollen den Bayern schon mal zeigen, wie gut wir drauf sind“, sagt Leipzig Abwehrchef Willi Orban jetzt.

Spielanalytisch ist aus Leipziger Sicht die 14 die zentrale Zahl. So oft konnten sowohl der SC Freiburg (2:1) als auch Mainz 05 (3:3) zuletzt auf das RB-Tor schießen und Leipzig kassierte insgesamt 4 Gegentreffer. In den 30 Spielen davor waren es gerade einmal 23 Gegentore (die wenigsten der Liga), bei im Schnitt 6,3 zugelassenen Torschüssen (die zweitwenigsten der Liga). Lassen die Leipziger erneut so viele Torschüsse zu, dürfte es gegen Bayern schwer werden.

Bislang war in der Saison die Abwehr das Leipziger Prunkstück, was in der jungen Vereinsgeschichte eher untypisch ist. Unter den Trainern Alexander Zorniger und Ralph Hasenhüttl stand Leipzig für Spektakel und eine teils vogelwilde Defensive. Das Prinzip „Überfall“ gibt es noch immer, doch Leipzig verteidigt mittlerweile viel strukturierter.

Die Flucht nach hinten begann am Donnerstag, den 20. September 2018. Da drohte nämlich die Saison für RB Leipzig in die falsche Richtung zu kippen. Beim Schwester-Club RedBull Salzburg – beziehungsweise, je nach Wettbewerb, FC Salzburg – verloren die Leipziger mit 2:3. Auf und neben dem Platz leisteten sich die Spieler immer wieder Disziplinlosigkeiten, verstießen gegen mannschaftsinterne Regeln. Der Fehlstart in die Saison war perfekt.

Doch das Team raufte sich zusammen. Rangnick zog die Zügel an, die Spieler spurten. Seitdem hat RB alleine in der Liga 15-mal zu null gespielt. Ein Faktor dabei ist Torwart Peter Gulasci, der in der Bundesliga die meisten Großchancen pariert. Das Spiel gegen Salzburg „hat uns gezeigt, wie es überhaupt gar nicht läuft“, sagt Mittelfeldspieler Kevin Kampl. Die Grundidee ist dabei seit Jahren die gleiche: den Gegner mit Pressing stressen, Fehler erzwingen, Bälle erobern und schnell aufs gegnerische Tor spielen.

Mit dieser Taktik hat Leipzig schon die ganze Liga geärgert, an den Bayern ist es bislang aber meist abgeprallt. In 6 Aufeinandertreffen waren die Bayern 5-mal Sieger.

Mittelfristig soll das ehrgeizige RedBull-Projekt in Leipzig aber um die Meisterschaft mitspielen. Mit Julian Nagelsmann kommt im Sommer ein neuer Trainer, Rangnick rückt zurück ins Management. Der Kicker berichtete, dass der 60-Jährige gerne mehr Einfluss bei RedBull New York sowie dem neu eingekauften Team in Brasilien hätte. Markus Krösche, derzeit Manager in Paderborn, soll als Sportlicher Leiter nach Leipzig kommen, heißt es.

Gar nicht in den Kram passt da, dass Torjäger Timo Werner wohl ausgerechnet zum FC Bayern Wechsel will. Noch für eine weitere Saison hat er Vertrag, RB kann im Sommer letztmals Ablöse kassieren. Auch sportlich wäre das ein Signal: Die Bayern stehen schließlich im Ruf, gerne die Konkurrenz mit Abwerbungen gezielt zu schwächen. Leipzig ohne Werner wäre dann wohl endgültig im Münchner Verfolgerfeld angekommen.