Düsseldorf nimmt Gewinne mit

In der Landeshauptstadt freuen sich die Parteien über den Börsenkurs der RWE AG. Nun sollen die städtischen Aktien unter den Hammer kommen. Andere Kommunen wollen ihre Anteile behalten

VON ELMAR KOK

Die Parteien im Düsseldorfer Rat sind über den geplanten Verkauf der RWE-Anteile der Stadt begeistert. Der momentan hohe Aktienkurs des RWE-Konzerns könnte die Landeshauptstadt auf einen Schlag fast komplett entschulden. Für die Stadt seien die Aktien, die momentan einen Wert von ungefähr 850 Millionen Euro repräsentieren „totes Kapital“, sagte Frank Laubenburg, Ratsmitglied der PDS/linken Liste in Düsseldorf.

Zudem sei es zu begrüßen, dass durch den Verkauf des Aktienpaketes der Einfluss des Konzerns auf die Politik in Düsseldorf schwinden werde, so Laubenburg weiter. Bisher sei der Einfluss durch die Vergabe gut dotierter Aufsichtsratsposten an Kommunalpolitiker gesichert gewesen, so der PDSler. Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) soll nach Presseberichten allein im vergangenen Jahr rund 23.000 Euro für zwei Sitzungen kassiert haben. „Dieses Versorgungsinstrument für Herrn Erwin fällt dann weg“, sagte Laubenburg gestern zur taz.

Auch die SPD in Düsseldorf hat nichts gegen den Verkauf der städtischen Anteile. „Anlässlich der jetzigen Situation ist ein Verkauf sinnvoll“, sagt Helga Leibauer, finanzpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten im Stadtrat. Gestern wurde die Aktie mit einem Wert von 54,50 Euro an den Börsen gehandelt. Schon im vergangenen Jahr hatte Erwin angekündigt, „bei 50 Euro würden wir sicher verkaufen“.

Nach Aussage von Laubenburg reicht die von RWE gezahlte Dividende nicht aus, um die Schuldzinszahlungen der Stadt zu decken. Nach seinen Angaben liegt die Verschuldung der Landeshauptstadt momentan bei rund einer Milliarde Euro. Während sich die Düsseldorfer von ihrem Anteil, der 2,8 Prozent des RWE-Unternehmens entspricht, trennen wollen, schätzen andere Kommunen ihren RWE-Besitz als strategische Beteiligung. Dortmund, mit einer Beteiligung von knapp fünf Prozent größter kommunaler RWE-Aktionär, nutzt seine jährliche Dividende, um Defizite des Dortmunder Personennahverkehrs auszugleichen. Der Dortmunder Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD), der auch im RWE-Aufsichtsrat sitzt, nennt den Düsseldorfer Aktienverkauf einen „isolierten Einzelfall“. Allerdings hat die RWE in Dortmund gerade für 50 Millionen Euro das größte Bürogebäude der Stadt gebaut, das in der kommenden Woche eingeweiht werden soll. 700 Menschen werden demnächst in 22 Stockwerken arbeiten.

Der Bau des Büroturms sei nicht Folge der Dortmunder Beteiligung, sondern der Geschichte von RWE geschuldet, sagt der Geschäftsführer des Verbandes der kommunalen RWE-Aktionäre (VKA), Heinz-Eberhard Holl. Vielmehr sei eine kommunale Beteiligung „die Möglichkeit zur Daseinsvorsorge“, so Holl. Schließlich gehe es um die Versorgung der Kommunen mit Strom, Gas und Wasser. Ob weitere Kommunen den Verkauf von RWE-Anteilen angesichts des hohen Aktienkurses planten, wollte Holl gestern nicht sagen. Nach Einschätzung der Investmentbank Merrill Lynch könnte für die Kommunen durchaus mehr drin sein. Die Bank gab am Dienstag als Kursziel für die Aktie 68 Euro aus.