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Kito Nedoschaut sich in Berlins Galerien um

Jana Euler hat ihre aktuelle Ausstellung in der Galerie Neu „Great White Fear“ betitelt. Zu sehen sind acht große, in verschiedenen Maltechniken ausgeführte Hochformate mit Tag- und Nachtszenen: Haifische mit meist aufgerissenen Mäulern, die aus dem schäumenden Meer schießen. Die 1982 geborene Künstlerin aus Frankfurt am Main hat die Darstellung der Tierkörper ins Groteske verlängert: Sie kippen ins Phallische. Unwillkürlich denkt man an die alten weißen Männer und die toxische Männlichkeit, von der jetzt viel die Rede ist. Irgendwie traurig oder verängstigt sehen manche Haie aus (bis 30.5., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Linienstr. 119 abc).

In der Galerie Barbara Weiss sind unter dem Titel „Deep Adaptation“ acht neue Bilder von Frieda Toranzo Jaeger zu sehen. In Bezug auf ihre Arbeit sprach die 1988 in Mexiko-Stadt geborenen Künstlerin einmal vom „Malen als Notausgang in Zeiten digitaler Absorption“. Tatsächlich scheint Sie den antidigitalen Aspekt des Malens durch das Hinzufügen von gestickten Bildteilen noch stärker zu unterstreichen. Dem entgegen setzt sie die futuristische Thematik ihrer Bilder. Es sind hauptsächlich die hochtechnisierten Interieurs von modernen E-Automobilen, welche die Malerin auf die Leinwand bringt, dazu kommen ein Raumschiff oder der Blick in das technische Labyrinth von Motorteilen. Den Technologiewandel bis hin zu selbststeuernden Roboterautos sieht Toranzo Jaeger auch mit einem kulturellen Wandel verbunden: das Ende der männlich konnotierten Automobilitätskultur steht bevor. Die maskulin aufheulenden Motoren da draußen sind die Letzten ihrer Art. Allerdings scheint auch sie der Technozukunft nicht voll zu trauen, denn in vielen Bildern schwingt eine Form von kühler Düsterkeit mit (bis 15.6., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Kohlfurter Str. 41/43).

Nach dem Umzug nach Berlin-Moabit eröffnet die Galerie Gregor Podnar ihre neuen Räume mit einer Einzelausstellung von Anne Neukamp. Die Berliner Malerin produziert eine Form von hybriden Bildern, in denen sich reduzierte alltägliche Bildzeichen und Objektformen sowie unterschiedliche Grade von Räumlichkeit auf reizvolle Art und Weise ineinanderschieben. Eine grafisch-flache Brezelform beginnt mit zusätzlichen, milchig wirkenden Teigsträngen zu mutieren oder eine aufgeklappte, leere Pizzaschachtel bekommt einen altmodischen Schnörkelgriff verpasst. Allerdings handelt es sich um Spekulationen, da diese Bilder im semiotischen Schwebezustand nie auf der Ebene der eindeutigen Lesbarkeit landen (bis 15. 6., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Alt-Moabit 110).

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