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: EVP-Spitzenkandidat Weber will Nordstream 2 stoppen

Der CSU-Mann, der Präsident der EU-Kommission werden will, stellt sich damit gegen die Bundesregierung. Die realen Möglichkeiten, die Pipeline noch zu stoppen, sind aber gering

Das Neue

Der Spitzenkandidat der konservativen Parteien zur Europawahl, der CSU-Politiker Manfred Weber, hat angekündigt, die umstrittene Gaspipeline Nordstream 2 noch zu stoppen. „Ich bin gegen dieses Projekt“, sagte Weber in einem Interview mit der polnischen Zeitung Polska The Times. Falls er, wie von der EVP-Fraktion des Europaparlaments gewünscht, Präsident der EU-Kommission werde, würde er „alle Vorschriften anwenden, um Nord Stream 2 zu blockieren“, kündigte Weber an.

Der Kontext

Die Pipeline Nordstream 2 soll weitgehend parallel zur bereits existierenden Nordstream 1 durch die Ostsee von Russland nach Deutschland laufen und nach ihrer Fertigstellung jährlich 55 Milliarden Kubikmeter transportieren. Die Bundesregierung unterstützt das Projekt als Beitrag zur Sicherung der deutschen Erdgasversorgung. Die meisten anderen EU-Staaten sowie die Ukraine und die USA lehnen das Projekt aber ab – vor allem, weil damit die Ukraine als Transitland für russisches Gas kaum noch gebraucht würde, was den dortigen Konflikt weiter verschärfen könnte. Zudem werden eine verstärkte Abhängigkeit Europas von Russland sowie negative Umweltauswirkungen befürchtet.

Die EU hat bisher aber keine Möglichkeit gefunden, das Projekt zu stoppen. Eine Möglichkeit dazu hätte die Ausweitung der EU-Gasrichtlinie bieten können, die vorschreibt, dass Pipelines nicht allein in der Hand eines Gaslieferanten sein dürfen – was bei Nordstream faktisch der Fall ist. Allerdings hat die Bundesregierung auch hier die Möglichkeit durchgesetzt, Ausnahmen zu gestatten. Für den Fall, dass davon kein Gebrauch gemacht wird, hat das Nordstream-Konsortium bereits angekündigt, dies als Bruch der Energiecharta zu werten und vor einem Schiedsgericht dagegen zu klagen.

Die Reaktionen

Das Kanzleramt gab am Mittwoch auf Nachfrage keine Stellungnahme zu Webers Forderung ab, die im klaren Gegensatz zur Haltung der Bundesregierung steht. Bisher hatte Kanzlerin Angela Merkel seine Kandidatur ausdrücklich unterstützt. Kritik kam aus der SPD. Ihr Fraktionsvize Matthias Miersch warf Weber „energiepolitisches Irrlichtern“ vor.

Die Konsequenz

Ob Webers Ankündigung reale Folgen haben wird, wenn er gewählt wird, ist fraglich. Auch unter der erweiterten Gasrichtlinie, die im Sommer in Kraft treten soll, kann die EU-Kommission die Inbetriebnahme der Pipeline, die zum Jahresende geplant ist, nicht verhindern. Möglich sind allenfalls Auflagen, den Pipeline-Betrieb und den Gasverkauf rechtlich zu trennen, was die Wirtschaftlichkeit der Pipeline verschlechtern dürfte. Doch selbst ob es dazu kommt, ist offen.

Vermutlich dient Webers Vorstoß also vor allem dazu, bei osteuropäischen Wählern zu punkten, die Nordstream 2 ablehnen – ohne aber das von der Bundesregierung gewollte Projekt am Ende wirklich zu gefährden. Malte Kreutzfeldt