berliner szenen: Wenn Oma links dann zaubert
Ich mag Oma links. Die ist irgendwie cool: Die macht ihr Ding, meckert nie rum über Wehwehchen, obwohl sie bestimmt welche hat, und sie kann zaubern. Letztens hat sie mir ein Bäumchen ins Haus gezaubert, so ein Riesengründings im Topf, so schwer, dass sie es selbst nie im Leben hätte tragen können. Musste sie auch nicht – das Bäumchen hat einfach geklingelt, und das auch noch an genau dem Tag, an dem meine Freundin sagte: „Weißt du, mir fehlt da was am Fußende vom Bett. So ’ne Art Raumteiler vielleicht, aber weniger wuchtig.“ Und zack: Da klingelte es. Das Bäumchen stand vor der Tür. Also, jetzt nicht allein, und auch nicht persönlich, aber als Bild auf ’nem Handy, das mir Opa rechts hinhielt.
„Das wäre abzugeben. Wollen Sie’s haben?“, fragte er mich und wies auf die Tür von Oma links. „Da wär es zu holen.“ – „Klar! Kommt doch wie bestellt!“
Und es kam auch wie bestellt, nur damals dachte ich noch nicht, dass Oma links zaubern könnte. Lustiger Zufall, dachte ich eher. Aber heute steh ich so bei mir in der Wohnung, Kamera in der Hand, und such was, wo ich die ablegen kann. Aufbewahren, griffbereit; am besten ’n zweites Fach noch dazu für Objektive und das Stativ. Irgendein Schränkchen vielleicht? Und zack: Es klingelt. Opa rechts.
„Ein Schränkchen wär da zu haben“, sagt er und zeigt zur Tür links von meiner. „Wollen Sie’s? Sonst schmeiß ich’s weg.“ „Also …“ Ich bin baff. Das kann doch nicht sein, schon wieder so ’n Zufall! Aber dann hol ich das Schränkchen, leg die Kamera rein und schaue mich um. So ’nen Ministänder bräucht ich jetzt noch, so ’n Eckteil für CDs …
Ich lausche. Klingelt’s schon wieder? Noch nicht. Aber lang dauert das bestimmt nicht mehr, denn wie gesagt: Oma links ist voll cool – und sie kann zaubern.
Joey Juschka
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen