Tanken im Eis

Horrortrip eines Japaners nach Island: Das Metropolis zeigt im Rahmen der Sommerreihe „Cinema Antarctica“ den Roadmovie „Cold Fever“

von Christoph Behrends

Japan und Island haben ungefähr so viel gemein wie Formel 1 und Breitensport. Das muss auch der japanische Geschäftsmann Hirata (Masatoshi Nagase) feststellen, als er gezwungenermaßen in das Elfenland reist, um eine Trauerzeremonie für seine sieben Jahre zuvor verstorbenen Eltern abzuhalten. Sein Großvater erinnert ihn an diese japanische Tradition, die verlangt, dass die Kinder den Eltern am Ort ihres Todes die letzte Ehre erweisen. Ungünstigerweise haben Hiratas Eltern an einem Fluss im Hinterland der windigen, verschneiten Insel das Zeitliche gesegnet – ein Terrain, das dem die Enge Tokyos gewöhnten Angestellten fremd ist.

In Island angekommen, trifft Hirata auf allerhand schrullige Figuren. So überlässt ihm eine Begräbnistouristin ihren alten Citroen DS, mit dem er seine Reise ins isländische Nirgendwo beginnt. Ein US-amerikanisches Pärchen, das er mitnimmt, übt sich im Überfallen von Tankstellen, und die „Icelandic Cowboys“ sorgen für allerhand Trubel.

Hiratas Antwort auf die von allen Seiten gestellte Frage „So – how do you like Iceland?“ gewinnt im Laufe des Films immer groteskere Züge. Nachdem Hirata all die merkwürdigen Bekanntschaften überwunden hat, ist es am Ende ein warmherziger, weiser Mann, der Hirata auf der letzten Etappe seiner Reise unterstützt.

In Cold Fever entwirft Regisseur Fridrik Thor Fridriksson (Engel des Universums, Islandfalken) ein ambivalentes Bild seines Heimatlandes. In der rauhen, unwirtlichen Umgebung wirken alle Figuren fehl am Platz, abgesehen vielleicht von den bizarren Isländern selbst. Gegensätzliche Motive, wie das des in schwarzem Anzug gekleideten, von verschneiter isländischer Einöde umgebenen Stadtmenschen bilden das zentrale Thema dieses Roadmovies. Dabei sind die aufeinander treffenden Figuren so unterschiedlich, wie es sich nur denken lässt.

Angesichts des geringen Budgets, der sparsamen Dialoge und diverser abstruser Szenen, die den Zuschauer zum Schmunzeln anregen, steht Fridriksson mit Cold Fever in der Tradition von Independent-Regisseuren wie Jim Jarmusch und Aki Kaurismäki. Fridriksson bedient sich in diesem Film einiger ungewöhnlicher gestalterischer Tricks – etwa der Umstellung des Kameraformats von normal auf Cinemascope –, als Hirata das klaustrophobisch anmutende Tokyo verlässt und in die Weite Islands übertritt.

Cold Fever beruht auf einer Begegnung des New Yorker Produzenten Jim Stark und Fridrikssons beim Reykjaviker Filmfestival. Der Island-Fan Stark stellte Jarmuschs Mystery Train vor, von dessen Hauptdarsteller Masatoshi Nagase Fridriksson so begeistert war, dass beide beschlossen, gemeinsam zu arbeiten.

Während dem Publikum die kulturellen Gegensätze Japans und Islands in Cold Fever immens erscheinen mögen, betont Fridriksson, dass der Film eigentlich von den spirituellen Verbindungen zweier Inselvölker handele. Cold Fever ist ein sehenswerter, lakonischer Streifen, der nicht zuletzt durch famose Landschaftsaufnahmen glänzt.

23.8.+24.8. 20.30 Uhr sowie 25.8. 18.30 Uhr, Metropolis