piwik no script img

Duschen für die Würde

Dusche-To-Go: Ab August sollen Obdachlose sich in einem ausgebauten Linienbus pflegen können

„Irgendwann denkst du selber, dass du Dreck bist.“

Dominik Bloh, Aktivist

Von Carlotta Hartmann

Hamburger Obdachlose sollen künftig in einem ausgebauten Linienbus duschen können. Dominik Bloh, der selbst elf Jahre lang auf der Straße gelebt hat, möchte obdachlosen Menschen mit dem Projekt „Go Banyo“ helfen, ein Stück Würde zurück zu erlangen.

„An einem Bad-Hair-Day flirten wir alle schlechter“, sagt Bloh. Man müsse sich vorstellen, was es mit einem Menschen macht, tagelang ungeduscht durch Hamburg zu laufen. „Du fühlst dich unwohl und andere meiden dich“, sagt er. „Irgendwann denkst du selber, dass du Dreck bist.“ Mit dem Duschbus möchte er Menschen Mut machen: „Wer sich duscht, traut sich vielleicht auch zum Arbeitsamt oder zu einer Wohnungsbesichtigung.“

Drei Bäder, ausgestattet mit Toilette, Dusche und Strom, zum Beispiel zum Rasieren, wollen Bloh und seine Mitstreiter*innen in einen alten Linienbus einbauen. Nach einer Dusche sollen die Nutzer*innen des Busses außerdem frische Kleidung bekommen. „Obdachlose sollen etwas Zeit für sich haben“, erklärt Bloh.

Laut der Hamburger Sozialbehörde gibt es in elf Tagestreffpunkten für Obdachlose Duschen. Dazu kommen die Sanitäranlagen in den Unterkünften des Winternotprogramms. Wie stark die Duschen dort ausgelastet sind, kann die Behörde nicht sagen – dazu gebe es keine Zahlen. „Wer in der Tagesaufenthaltsstätte an der Bundesstraße duschen möchte, muss vielleicht etwas warten“, sagt Steffen Becker vom Diakonischen Werk. Engpässe gebe es aber nicht.

„Viele schaffen es nicht mehr in die Tagestreffpunkte“, sagt Dominik Bloh. „Deshalb kommen wir zu ihnen.“ Der Bus solle eine niedrigschwellige Alternative zu den Duschen in den Tages- und Nachtunterkünften sein. Eine festgelegte Strecke gibt es nicht – der Bus soll immer da sein, wo er gebraucht wird. Vorbild ist ein Projekt in San Francisco. In Deutschland ist „Go Banyo“ der erste Duschbus.

Bloh engagiert sich seit seiner Zeit auf der Straße für Obdachlose. Mit Gülay Ulas vom Spendensammel-Verein Clubkinder hatte er Anfang letzten Jahres ein „Wintercafé“ gegründet. Dort konnten Obdachlose während einer Kältewelle tagsüber Zuflucht finden. Ulas organisiert nun auch „Go Banyo“ mit, das außerdem von der Brunnenbau-Initiative Viva con Agua und Hamburg Wasser unterstützt wird: Das städtische Unternehmen bringt Know-how zu Wasser und Abwasser ein. Die Hochbahn spendet einen ausgemusterten Linienbus, der als Duschbus durch Hamburg fahren wird.

Die erste Fahrt und Dusche soll es im August geben. Damit das Fahrzeug rechtzeitig umgebaut ist, braucht „Go Banyo“ jetzt Spenden. Über Crowdfunding auf der Plattform Startnext versuchen die Initiator*innen, insgesamt 140.000 Euro zu sammeln.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen