Darben auf zu hohem Rasen

Beim 0:3 gegen den FC Schalke 04 hält sich der Verbandsligist FC Bremerhaven wacker. Anschließend verlieh der Präsident der verschuldeten Stadt Bremerhaven das seltsame Prädikat „gerechtfertigt geldgierig“

Bremerhavener Fans auf dem Weg zum großen Spiel. Auf dem Gehweg werden sie von zwei braungebrannten Blondinen auf dem Fahrrad überholt. „Meinst du, das sind die Spielerfrauen von Schalke?“ fragt der eine. „Ich weiß nicht, glaubst du, die sind hier mit dem Fahrrad hochgefahren?“ Gekicher, Vorfreude auf die Partie. Das Team der Schalker hat die 300 Kilometer zum Kontrahenten FC Bremerhaven standesgemäß mit dem Flugzeug zurückgelegt. Am Ende dieses Ausflugs stand ein 3:0-Erfolg des Favoriten. Dem FC Bremerhaven hat es trotzdem gefallen.

Das Team der Seestädter war nur eines von zwei Mannschaften aus der fünften Liga, die es in die erste Runde des DFB-Pokals geschafft hatten. Normalerweise spielt der FCB vor nicht mehr als 200 Zuschauern. So war es wenig verwunderlich, dass die vom Stadionsprecher lauthals vorgetragenen Vornamen der Spieler des Heim-Teams nur kleinlaute Ergänzungen im mit 9.800 Zuschauern ausverkauften Nordseestadion fanden. Wer kannte schon die Nachnamen der Spieler von Trainer Norbert Riedel?

Dessen Mannschaft bot eine kämpferisch ansprechende Leistung. 30 Minuten verhinderten sie ein Gegentor und lautstarke „FCB“-Sprechchöre kamen auf. Erst ein Tor des Dänen Sören Larsen (35.) beendete die aufkeimende Euphorie. Die wäre fast wiedergekehrt, als Bremerhavens Yusuf Sahin in der 63. Minute allein auf Frank Rost zueilte, den Ball aber am Tor vorbeilupfte. In der Folge aber konnten nochmals Larsen (65.) und Zlatan Bajramovic (67.) den Schalker Erfolg sicherstellen.

Was der guten Stimmung beim Fünftligisten keinen Abbruch tat. Das Nachspiel der Begegnung hielt noch Bemerkenswertes für die Unterlegenen bereit. Zum Beispiel für Bremerhavens Opoku Tuffour. Der Trikotwechsel nach dem Abpfiff führte dazu, dass der Ghanaer immer wieder mit Nationalspieler Gerald Asamoah verwechselt wurde. Bedrängt von jugendlichen Fans sollte er Autogramme geben. Tuffour genoss die kurze Aufmerksamkeit sichtlich. Auf der Pressekonferenz nutzte Bremerhavens Präsident Bernd Günther dann die scheinbar ersehnte Gelegenheit, auf die schlechte Situation des Fußballs in Bremerhaven hinzuweisen. „Zehn Prozent unserer Einnahmen sollen wir der Stadt als Stadionmiete überlassen. Das hat es noch nie gegeben“, motzte Günther. Und weiter: „Sportarten wie Eishockey oder Basketball werden gefördert, im Fußball aber darben wir dahin.“ So verlieh der Präsident der Stadt vor dem Hintergrund der hohen Verschuldung letztendlich einsichtig das seltsame Prädikat „gerechtfertigt geldgierig“ zu sein.

Kritisiert wurde auch die Vorbereitung der Spielstätte. „Wenn die hier in Bremerhaven keine Rasenmäher haben, hätten wir welche mitgebracht“, grantelte Schalkes Trainer Ralf Rangnick über den hohen Rasen. Als Trainer habe er solche Bedingungen noch nicht vorgefunden. Bremerhavens Coach Riedel beeilte sich dann auch klarzustellen, dass sein Team eigentlich auf dem Zollinlandplatz beheimatet ist und keinen Einfluss auf die Qualität des Platzes besaß. Überhaupt hatte Riedel schon andere Sorgen. Am Montag steht die erste Runde des Rolandpokals an. Gegner ist der BSC Grünhöfe. Holger Schleper