Viel Raum für fernsehtaugliche Treffer

Team der Woche: Regionalligist Tennis Borussia Berlin verabschiedet sich mit einer 0:6-Niederlage gegen den Zweitligisten VfL Bochum aus dem DFB-Pokal. Zum Glück denkt wenigstens Klaus Wowereit bei TeBe an sexy Fußball

Ein paar kurze, schnelle Schritte genügten TeBe-Innenverteidiger Stephan Schmidt, um mit seitlich nach vorn ausgefahrenen Beinen entlang der Grasnarbe seinem Gegenüber Thomas Zdebel entgegenzufliegen. Am Ziel – allen voran der Ball und irgendwie auch die Füße des 14-maligen polnischen Nationalspielers – angekommen, war es endlich vollbracht: Tennis Borussia Berlin meldete sich im Erstrundenspiel des DFB-Pokals am Samstag gegen den Bundesliga-Absteiger VfL Bochum zur Aufnahme der Kampfhandlungen bereit. Allerdings waren zu dem Zeitpunkt des zwar harten, aber durchaus noch fairen und auch nicht vom Schiedsrichter unterbundenen Tacklings bereits mehr als 40 Minuten gespielt.

Mit drei frühen Toren durch Pavel Drsek, Mamadou Diabang und den Brasilianer Edu hatten die Bochumer längst das Wesentliche für das Weiterkommen getan. Mehr noch: Der Zweitliga-Aufstiegsfavorit, der erst vor einer Woche beim 1:1 gegen Cottbus erhebliche Schwächen im Umgang mit einem aggressiven Gegner offenbarte, schien sich sogar an den angenehmen, weil in allen Belangen unterlegenen und dabei gar nicht verbissen agierenden Kontrahenten gewöhnt zu haben. Wohl deshalb schimpfte der sich gefoult gefühlte Zdebel wie eine in der Fußgängerzone der Handtasche beraubte Oma. Und verpasste die wenigen Momente, in denen das Spiel im Mommsenstadion annähern die Bezeichnung Pokalfight verdiente. Denn gleich nach Schmidts Attacke legten die Berliner den Schalter um. Von einer Sekunde auf die andere waren sie körperlich präsent, setzten ihre Gegenspieler bereits vor der Ballannahme unter Druck und kamen so zu Ballbesitz, der umgehend für schnell vorgetragene Angriffe genutzt wurde.

Eine Momentaufnahme, die nicht etwa von dem kurz bevorstehenden Halbzeitpfiff unterbrochen wurde, sondern von einer deckungsgleichen Attacke Schmidts. Diesmal hatte der 29-Jährige gegen Diabang gegrätscht, was von Schiedsrichter Stefan Lupp als Foul erkannt wurde. Lupp machte daraufhin mit seiner Körpersprache auch dem Letzten der nicht einmal 1.500 Zuschauer klar, dass er sich seinen gemütlichen Nachmittag nicht versauen lassen wollte.

Schade, dass dieses Signal des guten Referees die von Schmidt initiierte kämpferische Aufbruchstimmung überlagerte. Stattdessen hatten die bekanntlich spielerisch starken Bochumer in Hälfte zwei allen Raum, sich auf die Fernsehtauglichkeit der nächsten Treffer zu konzentrieren. Neben den Freistößen von Martin Meichelbeck und Zvjezdan Misimovic hat der von Dariusz Wosz abgefeuerte Volleyschuss wohl die besten Karten, in die Vorauswahl zum Tor des Monats zu kommen.

TeBe-Trainer Theo Gries suchte derweil nach einer Begründung für die enttäuschenden Leistungen in den bisherigen drei Saison-Pflichtspielen: „Bis zum Trainingslager hat sich das Team sehr vielversprechend präsentiert. Die taktische Grundordnung hat gestimmt, ebenso das Zusammenspiel und der Einsatz. Seither gefällt mir die Qualität gar nicht mehr.“

Sein Kapitän Schmidt, um den in den nächsten drei Jahren eine junge Regionalliga-taugliche Mannschaft aufgebaut werden soll, sprach nach der Partie sogar von einer Blamage. Eine korrekte Analyse, die sich in ihrer Enttäuschung auch dadurch nährt, weil das durch den von Hertha gewonnenen sportlichen Leiter Ronny Maschke erheblich professionalisierte Umfeld der Lila-Weißen ein fast vergessenes Anspruchsdenken ermöglicht. Gut möglich, dass dem „arm, aber sexy“, wie der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit TeBe im Stadionheft beschrieb, mittelfristig auch wieder ein „sportlich erfolgreich“ angeheftet werden kann. MATHIAS LIEBING